Der Smart-Erfinder Johann Tomforde nennt seine neueste Entwicklung Uccon. Der Kleinlaster ist leicht, flexibel ausbaubar und lässt sich mit verschiedenen Antriebsalternativen ausstatten. Es soll schon in drei Jahren auf den Markt kommen.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Böblingen - Der Professor für Automobiltechnik ist beharrlich: Johann Tomforde arbeitet im Prinzip seit Jahrzehnten daran, die Mobilität zu modernisieren. Jahrelang trommelte er bei Mercedes-Benz für die Entwicklung eines kleinen Stadtflitzers, bevor dann der Smart auf den Markt kam. Vor mehr als zehn Jahren stellte er sein Teamo-Modell vor – einen Sechssitzer in Leichtbauweise, der mit Elektro-, Hybrid- oder Brennstoffzellenantrieb ausgestattet werden kann. Nun will der 72-Jährige mit seiner neuesten Erfindung auf den Markt kommen: Uccon heißt das Fahrzeug, das mit dem German Innovation Award in Gold ausgezeichnet worden ist.

 

Innovationen brauchen einen langen Vorlauf

„Solche Innovationen haben meist einen langen Vorlauf“, sagt Johann Tomforde, der seit rund zehn Jahren mit seiner Firma Teamobility Dienstleistungen und Beratung zum Thema Mobilität und Automobil anbietet. Der Uccon ist wieder eine Art von Stadtflitzer geworden, allerdings mit anderen Dimensionen. Neben einem Oldtimer-Porsche und McLaren-Rennwagen parkt der Prototyp in einer Halle der Böblinger Motorwold. Wie ein Wohnmobil sieht das Fahrzeug von außen aus, von innen wirkt es wie ein Raumschiff. Es gibt kein Lenkrad, gesteuert wird es über zwei Joysticks in den Armlehnen eines drehbaren Sessels – und irgendwann über Programme für autonomes Fahren.

Die Grundlage für das Konzept ist das Chassis, in das wie beim Teamo die verschiedenen zukunftsfähigen Antriebsformen eingebaut werden können. „Das ist für mich der Königsweg“, sagt er über die Wandelbarkeit des Uccon. Der Besitzer könnte etwa von Strom auf Wasserstoff wechseln, ohne dass er sich ein neues Auto kaufen muss. Elektro könne nicht die einzige Lösung sein, für längere Distanzen setzt er auf neue Entwicklungen. Aber statt das Fahrzeug der Zukunft aus technologischer Sicht zu entwickeln, habe er sich auf die Wünsche von Nutzern aus unterschiedlichen Branchen konzentriert, erklärt der Professor. Sein Modell ist vor allem für Firmen gedacht, deren Geschäft die Logistik für die urbane Versorgung ist oder der Transport von Menschen.

Wendige und kompakte Fahrzeuge für die Stadt

„Wir brauchen in der Stadt Fahrzeuge, die wendig sind und kompakt“, sagt Johann Tomforde – und Autos, die keine Abgase produzieren. Mit einer Länge von sechs Metern und dem im Chassis verstauten Antrieb verfügt der Kastenwagen über ungewöhnlich viel Platz. Er ist emissionsfrei und kann damit in Umweltzonen gefahren werden. Die Betriebskosten und die Pflege von Elektro-Fahrzeugen sind darüber hinaus wesentlich günstiger als von Benzin- oder Diesel-Fahrzeugen. Den passenden Aufbau für das Chassis können sich die Kunden selbst aussuchen: für die Auslieferung von Paketen, für einen Bürgerbus oder als rollendes Büro.

Mit mehreren Firmen hat sich Johann Tomforde für die Entwicklung des Konzepts zusammengetan. „Wir haben alle Register gezogen“, findet er. Die Karosserie besteht aus Carbon, um ein extrem leichtes Leergewicht zu erhalten. Sehr sicher ist das Fahrzeug aufgrund spezieller Konstruktionen. Das Sitzsystem ist patentiert: Die rückenschonende Form wurde von einem Orthopäden erdacht. Bei der Internationalen Autoausstellung im November sei das Konzept gut angekommen, berichtet Johann Tomforde: „Jetzt haben wir jede Menge Anfragen von Flottenkunden.“ Anders als die Serientransporter aus der klassischen Autofabrik lässt sich der Uccon seiner Meinung nach einfacher produzieren, weil die Herstellung von Fahrwerk und Aufbau getrennt ablaufen.

Eine bescheidene Realisierungsquote

„Eine spannende Innovation mit einer hohen Relevanz für die nachhaltige Versorgung und vernetzte Mobilität im urbanen Raum“, urteilte die Jury des German Innovation Awards über die Böblinger Entwicklung. „Da lediglich Karosserieaufbauten und Interieur-Komponenten getauscht werden müssen, sorgt das System für eine massive Senkung von Kosten und Emissionen bei der Produktion“, hieß es in der Laudatio.

„Deutschland hat die besten Ideen, aber die Realisierungsquote ist nach wie vor bescheiden“, kritisiert Johann Tomforde. Bei seiner neuesten Entwicklung hält er es aber für sehr wahrscheinlich dass sie auf die Straße kommt, schon in drei Jahren könnte es so weit sein. Für die Olympia-Bewerbung der Stadt Hamburg hat der Professor das Grundkonzept für einen autonom fahrenden Shuttle-Bus einst entworfen. Das Thema hat ihn so fasziniert, dass er weiter daran gearbeitet hat. Denn mit Fahrzeugen wie dem Uccon könnten schließlich viele Verkehrsprobleme gelöst werden – angefangen von der Luftverschmutzung bis hin zu einem öffentlichen Nahverkehr, der die bestehenden Verkehrsmittel besser vernetzt. „Mir geht es seit Jahrzehnten zu langsam“, sagt der 72-Jährige.