Neues Gremium des Landes Als Strobls Spion in den Integrationsbeirat?

Was macht ein Pressesprecher des Innenministers in einem Gremium des Sozialministers? Das fragte sich eine SPD-Landtagsabgeordnete.
Stuttgart - Es ist ein Erbe seiner Vorgängerin Bilkay Öney (SPD), doch Sozial- und Integrationsminister Manfred Lucha (Grüne) hat es sich längst zu eigen gemacht. In Baden-Württemberg solle ein Landesbeirat für Integration gebildet werden – das wurde Ende 2015, noch zu grün-roten Regierungszeiten, per Gesetz beschlossen. Der Südwesten, so die Idee dahinter, blicke „auf eine lange Einwanderungsgeschichte zurück“; mehr als ein Viertel der Bürger hätten internationale Wurzeln. Da biete es sich doch an, ihre Erfahrungen für die aktuelle Integrationspolitik zu nutzen. Um die Herausforderungen durch die vielen Flüchtlinge erfolgreich zu meistern, sagt Lucha, solle der Beirat „eine bedeutende Stimme erhalten“.
An diesem Donnerstag wird das Gremium zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentreten. Erst dürfen die Medien Aufnahmen machen und Statements einholen, dann wird hinter verschlossenen Türen getagt; zu den ersten Ergebnissen soll es später eine Pressemitteilung geben.
Ein Fußballer als bekanntester Beirat
Unter dem Vorsitz des Sozialministers sind 13 Frauen und Männer aus Wissenschaft und Wirtschaft, Verbänden, Verwaltung und Kirchen versammelt. Prominentester Beirat ist wohl der deutsch-brasilianische Profifußballer Claudemir Jeronimo Barreto, besser bekannt als Cacau. Auch seine Kollegen kennt man teilweise – Anna Koktsidou zum Beispiel als Integrationsbeauftragte des Südwestrundfunks, Dejan Perc als Sprecher der kommunalen Migrantenvertretungen und Stuttgarter SPD-Chef oder Gökay Sofuoglu als Bundesvorsitzenden der Türkischen Gemeinde in Deutschland.
Weniger bekannt ist der breiten Öffentlichkeit der Name eines weiteren Mitglieds: Renato Gigliotti. Als die SPD-Landtagsabgeordnete Sabine Wölfle ihn auf der Liste entdeckte, wollte sie „meinen Augen nicht trauen“. Sie überprüfte ihre Vermutung noch einmal und fand sie bestätigt: Es handle sich tatsächlich um einen Pressesprecher aus dem Innenministerium von Thomas Strobl (CDU). Zwischen Strobl und Lucha gebe es bekanntlich erhebliche Meinungsverschiedenheiten, folgerte Wölfle. Wenn der CDU-Mann einen Mitarbeiter aus seinem engsten Umfeld ins Gremium des Grünen entsende, rieche das doch stark nach einem „Aufpasser“.
Nur die persönliche Expertise zählt
Per Landtagsanfrage ging die Genossin ihrem Verdacht nach. Ziel sei es, „jeden Zweifel auszuräumen“, dass der Pressesprecher gleichsam als Späher beim politischen Konkurrenten eingeschleust werde. Solche Sorgen plagten ihn mitnichten, machte Lucha in seiner Antwort deutlich. Maßgeblich für die Auswahl der Beiräte sei deren „persönliche und fachliche Expertise“; Strobls Pressemann sei „aufgrund seiner langjährigen Erfahrung als Polizist mit Migrationshintergrund und als Verwaltungsexperte berufen worden“. Er selbst habe ihn vorgeschlagen.
Ob Gigliotti dem Innenminister rapportieren solle? „Ein dienstlicher Auftrag besteht nicht“, stellte der Sozialminister klar, mithin auch keine Berichtspflicht. Im Übrigen sei der gesamte Landesbeirat „in seiner Tätigkeit als Expertengremium unabhängig“. So ganz überzeugt ist die SPD-Frau Wölfle von den knappen Antworten noch nicht. Sie werde, kündigte sie an, „erneut nachhaken“.
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