Die Umsiedlung von Eidechsen kostet viel Geld. Beispiele sind S 21 und das Wohnbauprojekt im Neckarpark. Dieser Aufwand könnte sich in Zukunft zumindest für eine Art deutlich verringern. Bei der Zauneidechse sind die Vorzeichen aber andere.

Stuttgart - Mauer- und Zauneidechsen sind nach dem Bundesnaturschutzgesetz streng geschützte Arten. Bauherren wie zum Beispiel die Deutsche Bahn mit ihrem Projekt Stuttgart 21 oder die Stadt mit ihrem Wohnbauvorhaben im Neckarpark müssen daher einen hohen Aufwand betreiben, um die Tiere möglichst schonend umzusiedeln. Um die Eidechsen im Neckarpark in Richtung Bahndamm zu verdrängen, setzte die Stadt eine sechsstellige Summe ein. Dieser Aufwand könnte sich in Zukunft für Mauereidechsen deutlich verringern. Grundlage dafür ist ein neues Gutachten.

 

Der bei Stuttgart 21 geplante Abstellbahnhof auf einer bestehenden Gleisfläche in Untertürkeim könnte das erste Vorhaben sein, auf das sich die am Dienstag im Umweltausschuss des Gemeinderates von Gunther Matthäus (Gruppe für ökologische Gutachten) vorgestellte Untersuchung auswirkt. Und zwar dergestalt, dass die Echsen nur zum Teil oder mangels Flächen gar nicht umgesiedelt werden müssten. Denn nach einer aus Zählungen hochgerechneten Population von, so Umweltbürgermeister Peter Pätzold (Grüne), 130 000 bis 140 000 erwachsenen Tieren, sind Mauereidechsen in Stuttgart nicht wirklich rar. „Natürlich gilt der Artenschutz, aber eine stabile Population fängt bei 300 Tieren an“, beschrieb Pätzold die Verhältnisse. Der Bestand sei daher aktuell nicht gefährdet.

Schlechte Prognose für Zauneidechsen

Anders sieht es laut Wolfgang Maier vom Stadtplanungsamt bei den Zauneidechsen aus. Hier habe man die Population mit einer eigenen Methodik geschätzt. Ergebnis: der Erhaltungszustand dieser Art sei „nicht günstig“.

Die Mauereidechse ist eigentlich in Südeuropa heimisch, man findet sie aber auch in Rheinland-Pfalz oder bis zum Stromberg im Norden Baden-Württembergs, so Matthäus. Die Stuttgarter Population stammt zum einen aus Nagold. Tiere von dort seien im 19. Jahrhundert am Kriegsberg angesiedelt worden. Außerdem sorgte die Bahn dafür, dass Mauereidechsen mit Transporten aus dem Tessin, Mittelitalien und Südfrankreich nach Stuttgart umsiedelten. Weil die Reptilien kein landestypisches Muster tragen, habe man die Herkunft durch genetische Untersuchungen herausgefunden. Der Genpool der Tiere hat sich inzwischen vermischt.

Keine Flächen zur Umsiedlung

Das Regierungspräsidium (RP) hat der Stadt für künftige Umsiedelungen ein vergleichsweise enges Gebiet vorgegeben, das in einer Art Ring den Talkessel und die Hänge umfasst. Diese Gebietskulisse, sagte Maier, habe man nach Ersatzflächen durchforstet. Aber: „Es gibt keine Flächen ohne Konflikte, da sie entweder bebaut oder schon mit Mauer- oder Zauneidechsen besiedelt sind.“ Das sei ein „echtes Problem für die Stadtentwicklung“, so Beate Bulle-Schmid (CDU) Wenn das RP den Ring nicht erweitere, „können wir den Wohnungsbau knicken“. Gabriele Munk (Grüne) sprach von einem „klassischen Zielkonflikt ohne Lösung“. Der Vortrag des Gutachters könne nur der Einstieg ins Thema sein. Der Zielkonflikt heiße „Mensch gegen Eidechse, wir brauchen Wohnungen“, sagte Michael Conz, FPD. Angesichts des Gutachtens werde das Verständnis für den Artenschutz bei den Bürgern abnehmen. Man sei an „der Grenze der Handlungsmöglichkeiten“, bilanzierte Hans Pfeifer für die SPD.

Entscheidung je nach Projekt

Die Stadt werde bei Bauvorhaben projektbezogen „schauen, mit welcher Ausnahme man weiterkommt“, sagte Maier. Die Bahn hat ihre abgespeckten Baupläne für den Abstellbahnhof erneut beim Eisenbahn-Bundesamt eingereicht. „Umsiedeln, so weit wie möglich“, nennt Peter Schütz, Anwalt im Auftrag der Bahn, das Konzept, wie mit den Echsen umgegangen werden soll. Für mehrere tausend habe man während diverser Bauarbeiten eine neue Heimat gefunden.