Nicht alle Untersuchungen beim Arzt werden von der Krankenkasse bezahlt. Ein Internetportal der Kassen bewertet nun diese sogenannten Igel-Leistungen.

Essen - Wer vom Arzt oder einer seiner tüchtigen Mitarbeiterinnen schon einmal auf zusätzliche individuelle Gesundheitsleistungen - kurz Igel-Leistungen - angesprochen wurde, hat vielleicht bereits die Erfahrung gemacht: es ist nicht ganz einfach, diese Angebote abzulehnen. Wer will schon ausgerechnet an der eigenen Gesundheit sparen? Tut man es doch, schleicht sich früher oder später womöglich das ungute Gefühl ein, die Chance auf Prävention verpasst zu haben.

 

Bisher blieb Patienten nicht viel mehr übrig, als auf den Rat der Sprechstundenhilfe, die Empfehlung des Arztes oder die Einschätzung von Verbraucherschützern zu hören. Im Zweifel entscheiden sich viele für die Prophylaxe: Etwa 1,5 Milliarden Euro geben gesetzlich Versicherte pro Jahr in deutschen Arztpraxen für Igel-Leistungen aus. So ist nach den Ergebnissen einer Umfrage des Wissenschaftlichen Instituts der Ortskrankenkassen der Umsatz in Arztpraxen zwischen 2008 und 2010 um 50 Prozent angestiegen. Doch wie sinnvoll sind diese Investitionen?

Neue, kostenlose Plattform

Seit Mittwoch gibt es im Internet eine kostenlose Plattform, die den Patienten die Entscheidung für oder gegen eine spezielle Selbstzahlerleistung erleichtern soll. Hinter der Seite steckt der Medizinische Dienst des Interessenverbandes der Gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungen (GKV). Selbst habe man keine finanziellen Eigeninteressen, sagt die Vorstandsvorsitzende des GKV, Doris Pfeiffer. Böse Zungen könnten nun behaupten, dass die Betreiber der Seite genau jene seien, die Igel-Leistungen für die Kassenpatienten nicht tragen wollen, und das nun womöglich auf diese Weise rechtfertigen möchten.

Mit dieser Haltung täte man der Plattform aber Unrecht. Überprüft werden die Igel-Leistungen dort von einem wissenschaftlichen Expertenkreis, die Einordnungen beruhen jeweils auf Grundlagen aktueller Studien. Bevor ein Urteil fällt, wägen die Experten Nutzen und Schaden gegeneinander ab und erstellen ein ausführliches Gesamtfazit. Bisher haben die Tester 24 Igel-Leistungen überprüft. Zwei davon haben sie als "tendenziell positiv" eingeschätzt: die Akupunktur zur Migräneprophylaxe und die Lichttherapie bei saisonaler depressiver Störung. Neben einer Begründung der Bewertung gibt es auf der Homepage zu jedem Test eine umfassende Erklärung, die auch für Laien gut verständlich ist. Fachleute können einen Blick in den ausführlichen Ergebnisbericht werfen.

Ultraschalluntersuchung wird negativ bewertet

Bisher kamen die Wissenschaftler insgesamt siebenmal zu dem Urteil, dass eine Leistung "tendenziell negativ" sei. Bei vier Bewertungen bewertete das Team die Leistung mit "negativ." Zwei Beispiele, die viele aus der Praxis kennen dürften: Frauen wird gerne eine Ultraschalluntersuchung der Eierstöcke verkauft, der Klassiker für die Männer ist die PSA-Untersuchung zur Prostatakrebsfrüherkennung.

Das Fazit zu der mit "negativ" bewerteten Eierstockuntersuchung lautet: "Mit Ultraschalluntersuchung sterben gleich viele Frauen an Eierstockkrebs wie ohne Untersuchung... Studien zeigen, dass Frauen durch Fehlalarm unnötig beunruhigt und sogar eigentlich gesunde Eierstöcke entfernt werden." Bei der als "tendenziell negativ" eingestuften PSA-Untersuchung sei die Datenlage zum Nutzen widersprüchlich: Manche Studie ließ einen Nutzen erkennen, andere nicht. Die Datenlage zum Schaden sei dagegen eindeutig, da die Studien übereinstimmend unnötige Behandlungen nachgewiesen hätten.

Die Kosten, die der Patient für diese individuellen Leistungen bezahlen muss, können erheblich variieren. Deshalb gibt es im Igel-Monitor Infos über die Preisspanne. Und in der Rubrik Igel-Praxis wird beleuchtet, welche Interessen hinter den Angeboten stecken, wie Ärzte diese vermarkten, welche psychologischen Kniffe dabei zum Einsatz kommen und welche rechtlichen Fragen zu beachten sind. Zudem gibt es Tipps, wie man sich im konkreten Fall verhalten soll, wenn man eine Leistung nicht möchte. Risiken und Nebenwirkungen hat die Seite auf den ersten Blick keine.

Das Bewertungsportal im Internet.