Hoodie verliebt sich in ein nichtjüdisches Mädchen und bekommt Ärger in seiner orthodoxen Gemeinde. Isaac Blum erzählt in seinem Romandebüt von Konflikten, die blutig eskalieren.

Stadtleben/Stadtkultur/Fildern : Andrea Kachelrieß (ak)

Nach erfolgreichen Romanen wie „Unorthodox“ oder „Die Hochzeit der Chani Kaufman“ ist die Lebenswelt orthodoxer Juden auch im Jugendbuch angekommen. „Ruhm und Verbrechen des Hoodie Rosen“ heißt das sehr lesenswerte Debüt von Isaac Blum, der dafür in den USA schon zu Recht mit Preisen und Nominierungen bedacht wurde.

 

Das Cover der deutschen Ausgabe ist wie ein alter Krimi aufgemacht. Spannend ist die Lektüre wegen der Einblicke in das Leben und Denken des Hoodie Rosen, eines Zehntklässlers, der mit Familie und orthodoxer jüdischer Gemeinde umziehen musste, weil der alte Ort zu teuer geworden war. Hoodie, der eigentlich Jehuda heißt, erzählt mit viel Witz, selbstironisch und ehrlich, wie nun im bis dahin beschaulichen Tregaron zwei Welten so heftig aufeinandertreffen, dass es am Ende zu einer blutigen Eskalation kommt.

Ein Mädchen bannt Hoodies Blick

Hätte es dieses Attentat überhaupt gebraucht? Dass Hoodie sich ausgerechnet mit der Tochter der Bürgermeisterin anfreundet, bietet schon Konfliktstoff genug. Das Mädchen in Weiß, das in der Sommerhitze leicht bekleidet seinen Hund ausführt, bannt den Blick des Erzählers gleich auf der ersten Seite. Also verlässt er den weniger fesselnden Unterricht in jüdischem Recht und Lebenswandel, um sie anzusprechen.

Viele Regeln belasten den frisch Verliebten

Böses Foul. „Nichtjüdische Mädchen sollte ich sowieso gar nicht anschauen“, klärt Hoodie auf. Und weiter: „Und falls sie ein jüdisches Mädchen war, das sich derart kleidete, dann war es mir ebenfalls nicht erlaubt, sie anzuschauen.“ Anna-Marie heißt die Attraktive, sie hat nicht nur einen extrem gojischen, also nichtjüdischen Namen, sondern trägt auch ein goldenes Kreuz um den Hals. Das müsste auf einen Jungen wie Hoodie wirken wie auf einen Vampir. „Streng praktizierende Juden: Frum sogar“ – so stellt er seine Familie vor, die alle orthodoxen Stereotypen erfüllt. Kein Internet, kein Smartphone, kein vorehelicher Austausch von Zärtlichkeiten, keine SMS am Schabbat, sind neben den vielen anderen Regeln die Einschränkungen, die den frisch Verliebten enorm belasten.

Dass er Kontakt zu einem Mädchen hat, dazu noch zu einem nichtjüdischen, ist in Hoodies Welt bereits unverzeihlich. Dass es ausgerechnet die Tochter der Bürgermeisterin ist, macht Hoodies Sündenregister noch länger. Denn die Stadtobere organisiert den Protest gegen die neuen Bewohner und will verhindern, dass sie nach Synagoge und Schule auch noch einen eigenen Wohnblock eröffnen.

Hoodie erzählt warmherzig und witzig

Wie der Junge in immer neue Gewissenskonflikte gerät, wie die jüdische Lebensweise mit ihren strengen Regeln antisemitischen Fanatismus auslöst, wie es zu einer Schießerei mit Toten kommt, bei der Hoodie zwischen die Fronten gerät, wie es am Ende die Weisheit eines greisen Rabbis braucht, um Traditionen auf eine moderne Zeit zu übertragen und Hoodies Verbrechen in Ruhm zu wandeln: davon erzählt Isaac Blum, der unter anderen an jüdisch-orthodoxen Schulen Englisch unterrichtet, so mitreißend wie kenntnisreich. Hoodie ist ein warmherziger Held mit ungewöhnlichem Witz, von dieser Erzählstimme will man unbedingt mehr lesen.

Isaac Blum:
„Ruhm und Verbrechen des Hoodie Rosen“. Aus dem amerikanischen Englisch von Gundula Schiffer. Beltz Verlag, 219 Seiten, 15 Euro. Ab 14 Jahren.