Vorbei die Zeiten, als manche sie „Wimau“ nannten. Annette Widmann-Mauz (CDU) ist längst kein politisches Leichtgewicht mehr und soll voraussichtlich Gesundheitsministerin in der Großen Koalition werden.

Stuttgart - Sie dürfte die Stimme der Südwest-CDU im künftigen Kabinett werden: Annette Widmann-Mauz wird voraussichtlich neue Bundesministerin für Gesundheit. Und dafür ist die Tübinger Bundestagsabgeordnete, die seit 1998 im Deutschen Bundestag sitzt, fachlich bestens vorbereitet. Von 2002 bis 2009 war sie gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, danach übernahm sie das Amt der parlamentarischen Staatssekretärin im Gesundheitsministerium.

 

Mit den meist sehr komplizierten Details des Gesundheitswesens ist Widmann-Mauz also vertraut. Erfahrung in einer Leitungsfunktion bringt die 51-Jährige ebenfalls mit. Als Staatssekretärin war sie nicht mit irgendwelchen zweitrangigen Fragen oder Terminen betraut. „Bei den wichtigen Punkten lief bisher schon ganz viel über sie“, berichtet ein Insider. Auch Gesundheitspolitiker der SPD wissen Gutes über sie zu berichten: „Sie kann gut verhandeln, sie ist fair“, sagen sie. Ihre Sachkunde wird Widmann-Mauz auch dringend brauchen, wenn die künftige Regierung das ehrgeizige Programm verwirklichen will, das sich im schwarz-roten Koalitionsvertrag findet.

Widmann-Mauz ist eine Anhängerin der Pflegeberufereform

So wollen Union und SPD 8000 zusätzliche Kräfte für die Altenpflege gewinnen – und das in einer Zeit, in der die Heime ohnehin schon händeringend Mitarbeiter suchen. Widmann-Mauz ist zwar eine engagierte Anhängerin der Pflegeberufereform – also des Versuchs, die Ausbildungen in der Kinderkranken-, Kranken- und Altenpflege zusammenzulegen und so den Beruf insgesamt attraktiver zu machen. Ob die so genannte Generalistik dieses Ziel wirklich erreicht, ist aber höchst umstritten. Und in jedem Fall werden noch Jahre ins Land gehen, bevor die Wirkung eintreten könnte, die die Reformanhänger erhoffen. Ehrgeizig ist auch das schwarz-rote Vorhaben, die Finanzierung der Kliniken zu ändern und dabei dafür zu sorgen, dass die eigentliche Pflege besser berücksichtigt wird.

Nur ein Punkt, der fest vereinbart ist, dürfte relativ unkompliziert in der Umsetzung sein: Arbeitgeber und Kassenversicherte teilen sich den Beitrag zur Krankenkasse künftig wieder jeweils zur Hälfte. Die SPD-Forderung nach einer Bürgerversicherung erlitt in den Koalitionsgesprächen politisch Schiffbruch. Man einigte sich nur darauf, dass eine Kommission beraten soll, ob man die Honorare angleichen kann, die die private und die gesetzliche Krankenversicherung den Ärzten bezahlen.

In ihrer Karriere konnte Widmann-Mauz immer auf den Rückhalt der Kanzlerin zählen, die die Arbeit der Schwäbin schätzt. Zudem hat sich Widmann-Mauz, die seit 1991 im Vorstand der Südwest-CDU sitzt, eine eigene Machtbasis gesichert. Im Herbst 2015 übernahm Widmann-Mauz den Vorsitz der Frauenunion der CDU, die fast 160 000 Mitglieder hat.

Im „Haifischwesen“ Gesundheitswesen braucht sie eine gewisse Robustheit

Ehrgeizig und machtbewusst ist die designierte Gesundheitsministerin also zweifellos. Vorbei sind die Zeiten, in denen vorzugsweise ältere männliche Parteifreunde und Verbandsvertreter die Abkürzung „Wimau“ ins Gespräch brachten. Da fehlte zwar das „s“ am Schluss, sollte aber trotzdem deutlich machen, dass Widmann-Maut politisch ein Leichtgewicht sei. Richtig ist das Gegenteil. Wer sich über Jahre in einem Sektor tummelt, den Norbert Blüm einst „Haifischbecken“ nannte, lernt, sich notfalls auch mit einer gewissen Ruppigkeit durchzusetzen. Diese Robustheit bringt Widmann-Mauz mit. Und manche in der Unionsfraktion wünschen sich, dass sie in der Öffentlichkeit nicht so verhalten auftritt wie ihr Amtsvorgänger Hermann Gröhe. Der hatte zwar dafür gesorgt, dass die Lebenslage von Demenzkranken in der Pflegeversicherung besser berücksichtigt wird. Auch erhöhte Schwarz-Rot die Mittel der Pflegekassen deutlich. Diese Fortschritte allerdings haben sich bei vielen Bürgern gar nicht herumgesprochen.