Jetzt soll es doch rascher gehen: Der Stuttgarter Gemeinderat beschließt bereits 2035 als neues Zieljahr für die Klimaneutralität. Zuvor war 2050 anvisiert worden. Mehrere Initiativen sehen aber Nachbesserungsbedarf.

Der Stuttgarter Gemeinderat wird an diesem Mittwoch das Vorziehen der Klimaneutralität im Stadtgebiet von 2050 auf 2035 beschließen. Am Dienstag konkretisierte und verschärfte die Mehrheit aus Grünen, Linksbündnis, FDP und Puls im Rat die Vorlage aus dem Büro von OB Frank Nopper (CDU) mit einem Antrag. Transparenz in Bezug auf die Kohlendioxid-Bilanz soll nicht nur bei „wichtigen Entscheidungen“, hergestellt werden. Zukünftig müssen bei „allen Entscheidungen des Rates“ die damit verbundenen Emissionen ermittelt und dargestellt werden, so will es die Mehrheit.

 

Maßnahmenpakete ohne Konkretisierung

Eine klare Terminsetzung gibt es auch für die Umsetzungskonzepte. Bisher hat die Unternehmensberatung McKinsey Steckbriefe für 13 Maßnahmenpakete für ein klimaneutrales Stuttgart vorgelegt. Nun braucht es Konzepte, wie die Maßnahmen umgesetzt werden sollen. Die Antragsteller wollen sie bis zum Herbst 2022 vorliegen haben; im OB-Papier fehlte eine Termin.

Einigkeit besteht darin, dass die Stadtwerke einen Zuschuss von 100 Millionen Euro erhalten, aus dem mit Fremdkapital rund 300 Millionen Investitionsmittel werden können. Wie investiert werden soll, sollen die Stadtwerke, die Verwaltung und die Bürgervertreter bis zum Herbst klären.

Kritik von Initiativen

Das Festlegen auf 2035 wird von diversen Initiativen begrüßt, es gibt aber auch Kritik. So moniert der Verkehrsclub Deutschland (VCD), dass McKinsey nur 30 Prozent Verkehrsreduktion als ausreichend erachte, die restlichen 70 Prozent der Fahrzeuge sollen auf E-Antrieb umgestellt werden. Studien wie Mobiles Baden-Württemberg gingen von einer nötigen Reduktion der Fahrleistung von 50 bis 66 Prozent zur Klimaneutralität aus. Das Klima- und Umweltbündnis, Stuttgart Solar, Parents for Future, Die Anstifter und die Aktion Strom ohne Atom fordern eine politische Lösung für den von der Stadt und der EnBW vor Gericht ausgetragenen Streit um das Fernwärmenetz, auf dessen Erwerb die Stadt pocht. In 17 Quartieren könnten Nahwärmenetze „sofort in Angriff genommen werden“, so die Initiativen, das sei Sache der Stadtwerke. Um die Sanierungsquote im Gebäudebestand auf die von McKinsey genannte 4,3 Prozent pro Jahr zu heben, müssten die Zuschüsse für das Energieberatungszentrum (EZB) verdreifacht werden. Im Antrag der Fraktionen heißt es dazu, das EZB und die Stadtwerke müssten bei Sanierungen einbezogen werden. Bei denen der Wohnungswirtschaft müssten „die Kosten sozial verträglich verteilt werden“. In einem Papier, das auch die Naturfreunde, der Landesnaturschutzverband und die Kommunalen Stadtwerke mitgezeichnet haben, heißt es, der Rat gehe „einen ersten kleinen Schritt in Richtung Kenntnisnahme der Realität“ Unklar bleibe, wie das Ziel erreicht werden solle.