Stuttgart will bald einen Modellversuch mit alternativen Lieferkonzepten für die Innenstadt starten. Dafür werden aber noch Standorte für Paket-Container gesucht.

Stuttgart - Überall in der Königstraße stehen nachmittags noch Transporter mit geöffneten Hecktüren, davor stapeln sich Pakete. An jedem Werktag gleicht die Fußgängerzone einem großen Güterumschlagplatz. Ausgeladen wird praktisch den ganzen Tag, obwohl die Anlieferung nur bis 11 Uhr freigegeben ist. Kontrolliert wird nicht – kein Personal, das Vollzugsdefizit lässt grüßen.

 

Jetzt versucht die Stadt, diesen Wildwuchs etwas einzudämmen. Im Rathaus sucht man schon seit Jahren nach umweltfreundlichen Anlieferungsmodellenfür die Innenstadt. Nun soll es so weit ein. „Wir sind mit einem Dienstleister bereits in der Konzeptionsphase eines Modellprojekts für die Fußgängerzone“, sagt Michael Münter, Planungschef in der Stabstelle des Oberbürgermeisters. Die Umsetzung des mit 90 000 Euro aus dem städtischen Haushalt geförderten Projekts, das alternative Lieferkonzepte für die ganze Innenstadt prüfen solle, liege in den Händen des Stuttgarter Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation. Das Institut ist auch mit weiteren Dienstleistern im Gespräch, weil alternative Anlieferungen auch noch für innenstadtnahe Quartiere und für die Paketzustellung in Wohngebieten getestet werden sollen. „Die Testphase soll möglichst zwölf Monate dauern, um alle Jahreszeiten abzudecken“, sagt Münter.

Statt fünf wird nur noch ein Transporter benötigt

Beim Pilotprojekt Fußgängerzone sind die Gespräche mit dem Paketservice bereits recht weit gediehen. Dabei handelt es sich nach Informationen dieser Zeitung um das Logistikunternehmen United Parcel Service (UPS), das bereits mit der Hansestadt Hamburg in der neuen Hafen-City seit Anfang 2015 bei einem neuen Zustellkonzept mit Elektro-Lastenrädern – Cargo Cruiser genannt – kooperiert. Bei diesem ersten Test in Deutschland werden Paketcontainer an verschiedenen Standorten in der City aufgestellt. Die Zusteller holen dort die Pakete und bringen sie mit den Lastenfahrrädern, deren Akkus eine Reichweite von rund 35 Kilometern haben, zu den Empfängern. „Unsere Untersuchungen haben ergeben, dass das Unternehmen in der Königstraße rund 80 Prozent seiner Pakete mit Lastenrädern ausliefern kann“, betont Münster. Statt fünf Transportern würde dann nur noch einer gebraucht. Beim Pakettransport auf der letzten Meile sollten auch nicht nur Lastenräder, sondern auch kleine Elektrofahrzeuge – etwa Paket-Segways – getestet werden. Auch die gute alte Sackkarre bekomme eine Chance.

Bürgermeister hält nichts von Containerstandorten

Für das Modellprojekt sind allerdings zwei Containerplätze nahe an der Königstraße notwendig. „Solche Standorte sind der Knackpunkt bei neuen Lieferkonzepten, weil der öffentliche Raum in der Innenstadt knapp ist “, räumt Münter ein. Diese sollten unauffällig sein, müssten aber genug Platz für einen acht Meter langen, vier Meter hohen und 2,50 Meter breiten Container bieten und zudem mit Lastwagen anzufahren sein. „Da suchen wir noch mithilfe von Mitarbeitern des Ordnungsamtes“, informiert Münter. Dafür kämen in erster Linie gut zugängliche Hinterhöfe und Tiefgaragen in Betracht.

Auch Umwelt- und Baubürgermeister Peter Pätzold hält nichts von Containerstandorten im öffentlichen Raum. „Wir können doch nicht den Kronprinzplatz sanieren und dann mit Paketcontainern zustellen.“ Es gebe ja auch Dienstleister, die Verteilzentren in der Stadt betreiben würden. „Die Stadt muss beim Thema Standorte das Sagen haben“, betont der Umwelt- und Baubürgermeister. Münter hofft, dass das Pilotprojekt noch in diesem Jahr starten kann. Nach dem Ende der Testphase und einer sicher notwendigen Auswertungs- und Veränderungsphase solle ein umweltgerechteres Logistikkonzept wohl von Mitte 2018 an umgesetzt werden. Vorausgesetzt, alle dafür notwendigen Lastenräder mit E-Antrieb werden rechtzeitig bestellt. „Denn deren Lieferzeiten werden immer länger“, weiß Münter.