Neues Märchen von Andersen entdeckt Ganz schön unreif, aber typisch

Ein Historiker entdeckt durch Zufall ein unbekanntes Märchen des dänischen Dichters Hans Christian Andersen. Es ist wohl Andersens Erstlingswerk – stilistisch nicht viel besser als ein Schulaufsatz, inhaltlich aber schon sehr typisch.
Odense/Dänemark - Es siedete und brauste, das Feuer flammte unter dem Topf, das war die Wiege des Talglichts.“ So klingt der erste Satz des vermutlich ersten Märchens, das Hans Christian Andersen je geschrieben hat. Jetzt, etwa 190 Jahre nach dessen Entstehen, hat ein Historiker das Erstlingswerk des dänischen Dichters entdeckt, der später mit Erzählungen vom Hässlichen Entlein und der Kleinen Meerjungfrau, von der Nachtigall und dem Schweinehirten, von der Prinzessin auf der Erbse, des Kaisers neuen Kleidern und vielen anderen Weltruhm erlangte. Das Heft mit dem kurzen Prosastück lag ganz unten in einer 15 Kilo schweren Kiste im Landesarchiv in Odense, wo der berühmteste aller Dänen im Jahr 1805 zur Welt kam.
Als „sensationell“ stuft der Andersen-Forscher Ejnar Askgaard den Fund ein, denn er zeige, dass sich der Dichter schon in Jugendjahren mit Märchen beschäftigte, noch ehe er mit Gedichten und Theaterstücken seine Schriftstellerkarriere begann. Den ersten Märchenband, der Klassiker wie „Das Feuerzeug“ enthielt, veröffentlichte er erst 1835. Das nun entdeckte „Talglicht“ ist wesentlich früher entstanden, vermutlich Anfang der zwanziger Jahre des 19. Jahrhunderts, als Andersen noch zur Lateinschule ging. Es ist, unterstreichen die Experten, ein Jugendtext, noch nicht auf dem Niveau der reiferen und formvollendeten Märchen, die ihn, in 120 Sprachen übersetzt, weltweit berühmt machten.
„Hoppla“, dachte der Entdecker, „das ist was Besonderes“
Und doch ein echter Andersen. Es ist die Geschichte einer aus Gänsetalg gezogenen Kerze, geschaffen, um Licht zu verbreiten, von schwarzen Fingern begrapscht, zur Unkenntlichkeit beschmutzt und an ihrem Schicksal zweifelnd – bis sie durch die Verbindung mit einem Feuerzeug ihre Berufung erkennt und ihre Umgebung erhellt.
Märchen, in denen Gegenstände wie lebendige Wesen auftreten und menschliche Eigenschaften aufweisen, zählen zu Andersens Kennzeichen. Und auch das Thema des verkannten Genies, das erst nach langer Mühsal seiner Bestimmung zugeführt wird, bearbeitete er in vielen seiner Märchen.
Andersen, der mit 14 Jahren allein von Odense nach Kopenhagen gezogen war, widmete das Märchen der Pfarrerswitwe Madam Bunkeflod, die er als Kind häufig besuchte, ihr vorlas und deren Bücher er borgte. „Das war ein Dankbarkeitsbeweis an eine Frau, deren Heim überaus große Bedeutung für ihn hatte“, deutet Askgaard die Widmung des „ergebenen H. C. Andersen“. Irgendjemand aus dem Umkreis der Witwe muss den Text dann an Familie Plum, eine andere Pfarrersfamilie in Odense, weitergegeben haben. In einer Archivkiste mit der Aufschrift „Geschlecht Plum“ entdeckte jedenfalls der Historiker Esben Brage rein zufällig das Stück in einer Mappe. „Ich sah den Namen H. C. Andersen und dachte: Hoppla. Das ist etwas Besonderes“, sagte er der Zeitung „Politiken“, die am Donnerstag ihre ganze Titelseite dem Fund widmete. Brage alarmierte den Archivverwalter, der zog Dänemarks führende Andersen-Expertise bei, und die Fachleute bekräftigen „mit großer Wahrscheinlichkeit“, dass der Text aus der Feder des Dichters stammt.
Der Text eines Debütanten entzückt die Forscher
„Literaturhistorisch ist das höchst interessant“, sagt der Forschungsbibliothekar Bruno Svindborg. Gelegenheitsgedichte, die Andersen aus besonderen Anlässen für seine Gönner schrieb, tauchen immer wieder in Nachlässen auf. Doch es ist fast 90 Jahre her, dass man letztmals einen unbekannten wichtigen Text in einem Archiv fand. Damals tauchte das kurz vor Andersens Tod 1875 verfasste Erinnerungswerk „Ein Lebensbuch“ in der Königlichen Bibliothek in Kopenhagen auf. Diesmal ist es ein Text des Debütanten, der die Forscher entzückt. „Seine ersten Versuchen als Märchendichter zu lesen, war wie ein Rausch, ein enormes Erlebnis“, sagt Askgaard – auch wenn der Dichter stilistisch noch einiges zu lernen hatte. Die Sprache ähnele nämlich den Aufsätzen, die Andersen als Schüler in der Lateinschule verfasste.
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