Neues Medizinkonzept für den Klinikverbund Herrenberg gibt seinen Widerstand auf

Die Wolken bleiben trotz neuer Pläne eher grau über Herrenbergs Krankenhaus. Foto: sts

Noch Ende September war der Widerstand groß: Der Herrenberger Gemeinderat lehnte das Medizinkonzept des Kreises unisono ab. Mit einem neu veröffentlichten Entwurf wurde jetzt das Ruder herumgerissen: Herrenberger Lokalpolitiker zeigen sich versöhnlich. Eine Gruppe allerdings kämpft weiter.

Das Kriegsbeil scheint begraben: Während noch vor wenigen Wochen der Widerstand aus Herrenberg gegen das Medizinkonzept groß war, ist mit der neu ausgearbeiteten Version des Konzepts in der Lokalpolitik Ruhe eingekehrt – auch wenn es dabei bleibt: die Gynäkologie samt hebammengeführtem Kreißsaal muss weichen.

 

„Wir können die Rahmenbedingungen nicht einfach ignorieren“, sagt Herrenbergs OB Sprißler, zugleich Chef der Freien Wähler-Fraktion im Kreistag, zu den neuen Plänen für die Kliniklandschaft im Kreis Böblingen und dem Verlust der Herrenberger Geburtshilfe. Auch seine Herrenberger Kollegen im Kreistag und im Aufsichtsrat des Klinikverbunds ergeben sich den Vorschlägen der Gutachter: „Klar möchte ich, dass dieses Leuchtturmprojekt in Herrenberg bleibt. Aber die sachlichen Argumente zwingen zu neuen Überlegungen“, sagt Annegret Stötzer-Rapp, die Kreisrätin für die Grünen aus Herrenberg ist und im Aufsichtsrat der Klinikverbund Südwest GmbH sitzt.

200 Fragen formuliert – und Lösungen eingearbeitet

Ende September hatte der Herrenberger Gemeinderat das Medizinkonzept in engem Schulterschluss in seiner ursprünglichen Form abgelehnt und einen Katalog mit knapp zweihundert Fragen formuliert. Dieser wurde im Rahmen der Dialogphase des Medizinkonzepts von den Gutachtern aufgenommen und eingearbeitet.

Obwohl aus der Lokalpolitik nun versöhnliche Töne zu hören sind, kämpft eine Gruppe immer noch vehement gegen die anstehenden Veränderungen: die Hebammen. Auch die neue Version des Medizinkonzepts konnte die Hebammensprecherin im Kreis Böblingen, Simone Müller-Roth, nicht davon überzeugen, dass Schwangere auch in Zukunft ausreichend versorgt werden. „Unsere Einwände wurden gehört, aber nicht in den Kernpunkten erhört“, sagt Müller-Roth auf Nachfrage unserer Zeitung. Einzig die Anregung, die hebammengeleiteten Kreißsäle weiterzuführen sowie zertifizierte babyfreundliche Krankenhäuser zu etablieren, seien ins Konzept aufgenommen worden.

Hebammenpraxis ist auf Herrenberger Klinikgelände geplant

Die Zugeständnisse, die die lokalpolitischen Gemüter erfolgreich beruhigt haben, zeitigen bei den Hebammen keine Wirkung. In dem neuen Entwurf steht mittlerweile auch zur Diskussion, eine Hebammenpraxis auf dem Herrenberger Klinikgelände zu eröffnen. Von den Lokalpolitikern wird die Idee der Gutachter durch die Bank weg begrüßt, die Hebammensprecherin Müller-Roth zeigt sich dem Vorschlag gegenüber allerdings mehr als verhalten: Hierzu müsste erst einmal mit freiberuflichen Hebammen ins Gespräch gegangen werden, die diese Arbeit übernehmen könnten, sagt sie.

Den Reaktionen der Herrenberger Lokalpolitiker nach zu schließen, ist die allgemeine Zufriedenheit mit der neuen Version des Medizinkonzepts gestiegen. Die zentrale Forderung der Herrenberger ist schließlich erfüllt worden: Die Herabsetzung des Krankenhauses zum medizinischen Versorgungszentrum, wie es in der ursprünglichen Version des Medizinkonzepts geplant war, sollte verhindert werden. Dies ist geglückt. Dem neuen Plan nach hätte das Gesundheitszentrum in Herrenberg mit 120 Betten genauso viele Plätze wie heute. Auch eine 24/7-Notfallaufnahme steht im Raum. „Mit der Weiterentwicklung des Zielbildes wird der befürchtete „Kahlschlag“ für das Herrenberger Krankenhaus abgewendet“, schreibt Dieter Haarer, der für die CDU sowohl im Herrenberger Gemeinderat als auch im Kreistag sitzt.

Herrenberger Forderungskatalog zeitigt Wirkung

Auch OB Sprißler schätzt die Entwicklung als positiv ein: „Mit der Weiterentwicklung des Medizinkonzepts wurde ein Weg eingeschlagen, bei dem die Richtung stimmt. Die Modifizierungen des Konzepts zeigen in Bezug auf den Standort Herrenberg, dass der Fragen- und Forderungskatalog, den der Herrenberger Gemeinderat und ich als Vertreter der Stadt eingebracht haben, erste Früchte trägt“, sagt er auf Nachfrage unserer Zeitung.

Nach Annegret Stötzer Rapp hat das neue Zielbild „große Chancen“. Die Beschlussfassung ist für Dezember angesetzt. Bis es soweit ist, stehen aber noch einige Beratungsrunden an.

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