Drei Kühe, drei Kälber und ein Bulle haben ein neues Domizil in dem Feuchtgebiet an der Straße zwischen Heiningen und Eschenbach bezogen. Mit Mäulern und Klauen sollen die Tiere das knapp fünf Hektar große Biotop vor dem Verlanden schützen.

Heiningen - Michel!“ Kaum zu glauben, aber wahr. Als er seinen Namen hört, setzt sich der Wasserbüffelbulle mitsamt seiner kleinen Herde in Bewegung, um Reiner Freys Ruf zu folgen. Dabei stoßen die imposanten schwarzen Tiere eine Art Blöken aus. Um den Weg zu ihrem „Herrchen“, der sich am gegenüberliegenden Ufer postiert hat, abzukürzen, springen sie sogar in den großen Tümpel inmitten des Gebiets Rohrwasen. Es spritzt nur so, als die Kolosse mit den wuchtigen Hörnern auf der Wasseroberfläche auftreffen. Michel und seine drei Büffeldamen nebst Nachwuchs – jede Kuh hat ein Kalb bei Fuß – sind Teil eines Naturschutzprojektes in der Voralbgemeinde Heiningen. Die Tiere sollen das knapp fünf Hektar große Feuchtgebiet frei halten.

 

Auf der wasserarmen Alb und auch im Albvorland haben Feuchtgebiete Seltenheitswert. Deshalb freut sich der Heininger Bürgermeister Norbert Aufrecht umso mehr, dass die Fläche an der Straße zum Nachbarort Eschenbach reaktiviert werden konnte. Eventuell soll das Gebiet sogar noch vergrößert werden. Das sei möglich, da der Grund der Gemeinde gehöre, sagt er. Früher war das Areal für die landwirtschaftliche Nutzung trockengelegt worden. Noch vor 15 Jahren diente es als wenig ertragreicher Acker. Das brachte den Naturschutzbund (Nabu) Süßen und Umgebung, allen voran Wolfgang Lissak, auf die Idee, das Feuchtgebiet wieder herzustellen. Also wurden die Drainagen nach und nach in mühevoller Handarbeit entfernt und Wasserflächen angelegt. Doch die Vegetation entwickelte sich so rasant, dass das Gebiet trotz aller Bemühungen wieder zu verlanden drohte. Da die Naturschützer bei der Pflege an die Grenzen ihrer Kapazität stießen, wie Wolfgang Lissak erläutert, wurden die Wasserflächen nun mit einem speziellen Bagger vom Schlamm befreit.

Tiere dienen als Landschaftspfleger

Jetzt gehen die rumänischen Büffel mit ihren Mäulern und Klauen dem Menschen bei der Landschaftspflege zur Hand. Die robusten Tiere fressen alles, was das hiesige Hausrind verschmähen würde: Schilf, Gestrüpp, Geäst. Vor ein paar Tagen hat Reiner Frey die Büffel nach Heiningen gebracht. Eigentlich sollten es nur fünf Tiere sein, doch eine Kuh und ihr Kalb gesellten sich flugs zu dem Bullen, der als letzter die Reise antreten sollte. Weil sie durch nichts zum Verlassen des Anhängers zu bewegen waren, nahm Reiner Frey sie eben mit.

Vor elf Jahren hat der Bärenbacher seine ersten drei Büffel gekauft. Da seine Eltern die Landwirtschaft aufgegeben hatten, überlegte er sich, wie er die pflegeintensiven Streuobstwiesen ohne allzu großen Arbeitsaufwand erhalten kann. Da erzählte ihm ein Bekannter von den rumänischen Wasserbüffeln. Reiner Frey ließ sich überzeugen. Mittlerweile nennt er 25 Tiere sein eigen, die meisten hat er selbst gezüchtet. Eine der Kühe stammt allerdings noch direkt aus Rumänien. Sie ist mittlerweile zwölf Jahre alt. Obwohl er sie zunächst aus Vernunftgründen gekauft hat, sind die Büffel ihm mittlerweile ans Herz gewachsen. „Die sind friedliebend, ruhig und genügsam“, sagt er. Noch nie habe er einen Tierarzt gebraucht. Besonders fasziniert ihn, dass die Tiere ihn genau kennen. „Das sehen die schon an meinem Gang.“

Hoffen auf dynamische Prozesse

Wasserbüffel sind neugierig. Ohne Scheu nähern sie sich dem kleinen Menschenauflauf, der ihnen zu Ehren in den Rohrwasen gekommen ist. Staunend stehen sich Mensch und Tier gegenüber. Erst als die Fotografen aus allen möglichen Positionen ihre Kameras auf sie richten, verziehen sie sich dezent im dichten Schilf, um wenig später erneut mit Getöse durch das Wasser zu donnern.

Als sehr spannend bezeichnete Alexander Koch vom Landschaftserhaltungsverband Landkreis Göppingen das Projekt. Deshalb habe der Verein auch geholfen, die entsprechenden Anträge auf Förderung zu stellen. Wie Wolfgang Lissak hofft auch er, dass die Tiere nicht nur die Fläche freihalten, sondern auch dynamische Prozesse in Gang bringen. Durch die Beweidung des Areals würden etwa Kleingewässer entstehen, in denen sich Insekten oder auch Pflanzen ansiedeln könnten.

Heiningen sei nicht die erste Kommune, die auf Wasserbüffel setze. Im ganzen Land gebe es einige sehr erfolgreiche Projekte. Im Übrigen müsse man sich keine Sorgen machen, wenn die Tiere bis zum Bauchnabel im Wasser stünden. „Das ist ganz normal, da muss man nicht das Veterinäramt informieren.“