Silvia Bürhaus-Knapp verrät Müttern und Vätern, in welche Fallen sie bei der Kindererziehung nicht tappen sollten. Die Familienbildungsstätte Waiblingen hat die Expertin aus Weinstadt im neuen Semester für drei Veranstaltungen gebucht.

Waiblingen - Zu ihren Pädagogik-Vorträgen für Eltern bringt Silvia Bürhaus-Knapp stets eine weiß-orange geringelte Kindersocke mit. Auch heute holt sie sie aus der Handtasche und legt sie auf den Tisch. Das gute Stück war vor vielen Jahren einmal der Lieblingsstrumpf ihrer nun erwachsenen Tochter. Vorne, im Zehenbereich, klafft ein großes Loch. Diese Socke, so erklärt Silvia Bürhaus-Knapp den Müttern und Vätern bei ihren Vorträgen, die stehe für das Kind, das Loch für seine Schwächen. „Wir haben alle irgendwo unser Loch, also unsere Fehler“, sagt die Ermutigungstrainerin, die feststellt, dass Eltern oft nur noch darauf schauen – und nicht auf die ganze Socke, die doch zu 95 Prozent tadellos ist.

 

Da läuft etwas schief im familiären Miteinander. Doch was können Mütter und Väter tun, damit zu Hause alles im grünen Bereich ist? Silvia Bürhaus-Knapp hält im neuen Semester zu diesem Thema gleich drei Vorträge bei der Familienbildungsstätte Waiblingen: „Strafen sind out“ (27. März), „Ermutigend erziehen – wie man sich schimpfen und schreien sparen kann“ (4. Juni) und „Die 7 Fallen in der Kindererziehung vermeiden“ (9. April).

Bitte kein „Etikett“ für das Kind

Die wohl größte Falle, in die Eltern tappen, sei das Etikettieren, verrät Silvia Bürhaus-Knapp schon mal vorab: „Das entfernt Kinder und Eltern voneinander.“ Wobei die Erziehungstrainerin nicht nur negative Stempel, beispielsweise „du bist ein Schlamper“, kritisch sieht, sondern auch vermeintlich positive wie „du bist mein Sonnenschein“. Wann, so frage sie sich da, dürfe dieses Kind denn mal traurig sein? Auch ständiges Vergleichen mit Geschwistern sei eine Falle, sagt Bürhaus-Knapp: „So lernt das Kind, dass es nicht gut genug ist.“

Ein Universalrezept für die Kindererziehung hat auch Silvia Bürhaus-Knapp nicht auf Lager. Hilfe zur Selbsthilfe ist ihre Devise. Ihre Vorträge baue sie auf wie ein Büffet mit vielen verschiedenen Speisen, alias Ideen, sagt sie: „Wer dann am Ende was ausprobieren möchte, das überlasse ich den Eltern.“

Psychologie hat Silvia Bürhaus-Knapp schon während ihrer Schulzeit interessiert. Die Gärtnerstochter aus Weinstadt-Großheppach hat aber zuerst eine Ausbildung zur Bankkauffrau gemacht und arbeitet noch heute in Teilzeit als Ausbilderin bei einem großen Kreditinstitut. Mit Menschen zu arbeiten, das ist ihr wichtig. Ihr zweites berufliches Standbein, das sie sich nebenher aufgebaut hat, passt dazu: Silvia Bürhaus-Knapp ist Ermutigungstrainerin für Kinder und Jugendliche, sie berät als Encouraging-Trainerin Eltern, bietet sowohl allgemeine Lebens- als auch Paarberatung an und bildet als Familienrat-Trainerin Sozialpädagogen, Erzieher und Hebammen weiter.

Ein Fan von Alfred Adlers Individualpsychologie

Die von Alfred Adler begründete Individualpsychologie, bei der Ermutigung eine große Rolle spielt, sagt Silvia Bürhaus-Knapp besonders zu. Warum? „Sie ist zielorientiert und fragt nicht: ,Wieso hat ein Kind ein Problem?‘, sondern: ,Wozu benutzt es das?“ Kinder nutzten die Trial-and-Error-Methode. „Wenn ein Kind viel Aufmerksamkeit bekommt, weil es sich störend verhält, dann wird es dieses Verhalten beibehalten, denn Kinder haben am liebsten positive Aufmerksamkeit – und am zweitliebsten negative.“

Die Eltern, die zu ihren Vorträgen kommen, seien in der Regel jene, welche einen guten Kontakt zu ihren Kindern hätten, die Dinge aber noch besser machen wollten, erzählt Silvia Bürhaus-Knapp. Folgendes gibt sie ihnen mit auf den Heimweg: „Eltern sind nie schuld, auch bei einer ungünstigen Entwicklung, weil das Kind selbst mitentscheidet.“ Die Expertin spricht da von der „schöpferischen Kraft des Kindes“ und verweist auf Ergebnisse aus der Zwillingsforschung – nennt das Beispiel eines eineiigen amerikanischen Brüderpaars aus unguten Familienverhältnissen, bei dem sich ein Sohn für eine Polizistenkarriere entschied, der andere wurde Krimineller – sprich: das Kind könne mitentscheiden, welchen Weg es einschlage und was es aus sich mache.

Silvia Bürhaus-Knapp steckt die Socke wieder in ihre Handtasche. „Was mir am Herzen liegt ist, dass Menschen andere anders sein lassen und Toleranz entwickeln“, sagt sie: „Wir gucken gerne auf die Fehler des anderen anstatt auf uns.“

Das Programm der Familienbildungsstätte Waiblingen

Waiblingen - „Alles im grünen Bereich“ – dieses Motto hat die Familienbildungsstätte (FBS) Waiblingen zum Schwerpunkt ihres Programms gemacht – und dabei natürlich auch an Großereignis Remstal-Gartenschau gedacht. Viele Angebote in der Natur findet man im Heft, so etwa eine Wald- und Naturspielgruppe, bei der Kinder von zweieinhalb Jahren an fünf Nachmittagen draußen spielen können, für Kinder ab acht gibt es den Kurs „Stadt, Land, Fluss“.

Auch Erwachsene dürfen raus – an zwei Samstagen kann man Elemente des Waldbadens kennenlernen, außerdem gibt es eine Wildkräuterexkursion mit dem Biologen Robert Boehm. Er bietet ergänzend dazu einen Kurs „Kochen mit Wildkräutern“ an – dabei wird ein Vier-Gänge-Menü zubereitet und verspeist.

Was tun am Wochenende? Für Familien bietet die FBS 20 Kurse als Alternativprogramm zu Fernseher und Computer an, etwa einen Schnitzkurs, Esel-Trekking oder eine Schokoladenwerkstatt. Auch in den Ferien gibt es Angebote – vom Lötkurs bis zum Bildhauerworkshop für Kinder.