Die Sindelfinger Punkrocker Wizo sind zurück – mit neuem Album und einer großen Tour, die im Oktober im LKA in Stuttgart startet. Bandleader Axel Kurth kündigt in der StZ ein Stuttgarter Zusatzkonzert an und verrät, was man da zu erwarten hat.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Ich musste kapitulieren“, sagt Axel Kurth zum neuen Wizo-Album. 45 Jahre alt ist Kurth, das einzige verbliebene Gründungsmitglied der Sindelfinger Punkband. In dem diesen Sommer erschienenen Wizo-Album „Punk gibt’s nicht umsonst (Teil III)“ steckt ziemlich viel Axel Kurth: Er hat es zu großen Teilen selbst aufgenommen, gemischt und produziert; sogar das Cover hat der Bandleader selbst gezeichnet. Die Platte ist auf Kurths Label Hulk Räckorz erschienen. Das ist so DIY, also Do-it-Yourself, wie Punk im Allgemeinen und Wizo im Besonderen es schon immer waren. Warum hat Kurth also kapituliert?

 

„Es hängt so viel am Tonträger. Veranstalter sagen mir, ich kann nur ein Konzert mit dir machen, wenn ihr ein neues Album habt.“ Kurth wollte lieber seine Songs ins Netz stellen – und dann mit seinem guten Freund und Schlagzeuger Thomas Guhl sowie dem Bassisten Ralf Dietel (als Ersatz für den 2010 zur Band gestoßenen Thorsten Schwämmle) live losrocken. Doch eine Tournee durch Deutschland, Österreich, Südtirol und die Schweiz mit mehr als dreißig Terminen in anderthalb Monaten kann man anders als ein Album eben nicht in Eigenregie wuppen. Also habe er am Ende „gegen die Windmühlen der Notwendigkeit kapituliert“, sagt Axel Kurth. Genau das zeigt letztendlich auch das Albumcover.

Kurth hat seit dem Wizo-Comeback von 2010 mehr als fünfzig Songs geschrieben und teilweise eingespielt. Für die Platte wählte er 21 Stücke aus, das sind mehr als 65 Minuten Musik – ziemlich viel Musik dafür, dass er erst gar kein Album machen wollte. „Wenn schon, dann gescheit machen“, findet Kurth. Auf dem Album findet sich reinster Deutschpunk: hohes Tempo, griffige Gitarren. Melodie und Text sind wichtiger als Lärm oder Soundexperimente. Inhaltlich geht es „ganz klar gegen Nazis“. „Die Welt ist voller Scheißefresser / und das hat System“ lautet eine andere Textzeile.

Reinstes Nasenwasser Deutschpunk

Kurth ist offen: Neue Fans zu gewinnen, sei nicht oberstes Ziel. Die Songs sollten die Leute „da abholen, wo sie Wizo erwarten“. Motto: nochmal eine Nacht lang wild sein. „Klar ist es leicht gruslig, sich das zu eng gewordene T-Shirt überzuziehen und Gas zu geben, während die Kinder beim Babysitter sind“, sagt Kurth. So sei es nun mal, „die wilden Neunziger haben wir hinter uns“ – aber auf Akustikklampfe hat er keine Lust. Dann schon lieber dem Sound der Jugend treu bleiben.

Bei Wizo steckt immer noch Punk drin. Kuschelrock geht anders, und weil er Musikvideos blöd findet, hat Kurth gleich 21 davon auf Youtube hochgeladen – jeweils absichtlich lieblos aus Gratismaterial zusammengeschnitten. Zumindest hier hat der Don Quijote des Sindelfinger Punkrocks seinen Kampf gegen die Windmühlen gewonnen: Auf virale Videos für die sozialen Medien wird verzichtet.

Dabei wussten Wizo schon 15 Jahre vor Facebook, wie man sich ins Gespräch bringt. 1991 forderte die Band zum Auftakt des Calwer „Prügelprozesses“ gegen den Schauspieler Manfred Krug „Freie Fahrt für sportliche Fahrer, Prämien für Selbstjustiz im Straßenverkehr, Aufhebung aller Geschwindigkeitsbegrenzungen, Abrüstung der Radarkontrollsysteme“. Damit machten sie zugleich, unabsichtlich natürlich, Werbung für ihre LP. Wizo-Musik landete auf dem Index, und die Gruppe geriet über ein gekreuzigtes Schwein auf Band-T-Shirts mit der Diözese Regensburg in Streit. Kurth und Co. forderten im Gegenzug, dass die Diözese die sogenannte Judensau am Regensburger Dom mit einer Infotafel versehen solle. Was vor einigen Jahren übrigens tatsächlich geschah.

„Die Welt ist darüber hinaus“

Darf man zu der Tour, die am 23. Oktober im LKA in Stuttgart beginnt, neue Provokationen erwarten? Vorerst sei nichts geplant. Weil Kurth und seine Band darüber hinaus sind? „Wir nicht“, sagt der Bandleader, „die Welt ist darüber hinaus“.

Die Musikwelt ist auch über die unzweideutigen Punksongs auf der neuen Wizo-Platte hinaus. Doch zumindest musikalisch muss Axel Kurth nicht kapitulieren: Für den 13. Dezember kündigt er ein Zusatzkonzert im LKA an. Dank Wizo sind die Neunziger noch nicht vorbei.