Die Stadt geht ein planerisches Experiment an. Mit den Salucci-Höfen versucht sie, dem Stadtteil Weil erstmals ein gutes städtebauliches Gesicht zu geben.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslingen - Am baggern sind die Bagger zwar schon seit 14 Tagen, offiziell begonnen wurden die Salucci-Höfe aber am Montag. Das zur Zeit größte neue Baugebiet Esslingens liegt im Stadtteil Weil, direkt neben der B 10 und dem Neckarcenter.

 

Dabei sind die so genannten Salucci-Höfe mit ihren 184 Wohneinheiten viel mehr als eine der vielen großen Siedlungen, die Esslingen im Rahmen ihres Wohnraumversorgungskonzepts in den letzten Jahren aus dem Boden gestampft hat. Sie sind, wenn man so will, ein neuer Siedlungskern in Weil, eine Art Dorf im Stadtteil.

Die neuen Häuser werden ringförmig angeordnet. Die großen Mehrfamilien-Häuser sollen den Lärm von der Bundesstraße 10 abhalten und so in den grünen Innenhöfen ein gemütliches Stadtleben ermöglichen. Dazu dient auch eine Art Dorfplatz auf einer Fläche, die bislang als Autoparkplatz genutzt wurde.

Man kann guten Gewissens von einer Modellsiedlung sprechen. Damit aus der neuen Siedlung ein echter Ortskern wird, hat sich die Firma My Godel mit dem Fraunhofer-Institut in Stuttgart/Vaihingen vernetzt. Aus dieser Zusammenarbeit hat My Godel nun zukunftsweisende Vorschläge umgesetzt. In der Tiefgarage warten Lade-Stationen auf die E-Autos der Bewohner, eigene Packstationen verhindern, dass die Lieferautos von Amazon und Co die Straßen unsicher machen. Das von vielen Stadtplanern geforderte Zusammenleben von Jung und Alt versucht My Godel zudem auf verschiedene Weise umzusetzen.

Die Höfe grenzen an das Neckarcenter

Die Wohnungen sind barrierefrei für die ältere Generation, und in der Nähe der Stallungen gibt es ein interessantes Experiment, eine so genannten „Generationenschaukel“, ein Spielgerät das Opa und Enkel gemeinsam benutzen können. „Es wird eine Quartier-App geben, mit einer Tauschbörse und einer Nachbarschaftshilfe“, sagt der Bauherr Jochen Godel. Läden gibt es nicht, denn die Salucci-Höfe grenzen direkt an das Neckarcenter an, das eines der ersten Einkaufszentren in der Region Stuttgart war. Dort gibt es auch eine Tankstelle.

Damit man den Stadtteil, der direkt an der Stuttgarter Grenze liegt, auch für Fußgänger besser in Richtung Esslingen anbindet, wird es auch einen Fußsteg über die B 10 in den Stadtteil Brühl und damit an das Neckarufer geben. Der Neckar stellt auch besondere Anforderungen an die Bauausführung. Zur Zeit sieht man auf der Baustelle etwa zehn Meter hohe schwarze Röhren stehen. Damit werden insgesamt 4,1 Kilometer Betonpfähle in den Neckarkies getrieben, damit die Mehrfamilienhäuser standsicher sind.

Mehr oder weniger schmuckvolle Wohnblocks

Die Salucci-Höfe sind um so interessanter, weil der Stadtteil Weil bisher noch keinen echten Ortskern aufweist. Das Gelände selbst ist einst eine berühmte Pferderennbahn gewesen. Davon stehen heute noch die Stallungen und das sehenswerte Schloss des Königs von Württemberg, das einen Steinwurf von den Salucci-Höfen entfernt ist. Nachdem der König mitsamt dem Königreich und der Rennbahn den Weg alles Irdischen gegangen ist, wurde das Renngelände von Kriegsende an mit mehr oder weniger schmuckvollen Wohnblocks bebaut, auf den verbliebenen Grünflächen wurden Sportplätze errichtet.

Ihren Namen haben die Salucci-Höfe von Giovanni Salucci, dem württembergischen Hofbaumeister, der so gut wie alle wichtigen klassizistischen Gebäude Stuttgarts errichtet hat, wie das Schloss Rosenstein, die Grabkapelle auf dem Rotenberg, das Löwentor und eben auch das Schlösschen Weil, das einen Steinwurf von den Höfen weg liegt und vielleicht durch die neue Ortsmitte mehr Beachtung erfährt, als das zur Zeit der Fall ist.