Neues Sanktionspaket gegen Russland Die Europäer sind Maulhelden

Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius plädiert für weitere Sanktionen der EU gegen Russland. Foto: Ansgar Haase/dpa

Die EU verabschiedet ein neues Sanktionspaket gegen Russland. Im Überlebenskampf der Ukraine ist das zu wenig, kommentiert unser Brüssel-Korrespondent Knut Krohn.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Wladimir Putin hält die Europäer für Maulhelden. Der russische Präsident spricht bei dieser wenig schmeichelhaften Einschätzung aus jahrelanger Erfahrung. Auch das nun beschlossene 17. Sanktionspaket der Europäischen Union wird den Kremlherrscher nur in seiner Haltung bestätigen. Brüssel kündigt darin weitere Sanktionen gegen Russland an, die aber wieder weitgehend wirkungslos verpuffen werden.

 

Putin lässt ein Ultimatum verstreichen

Dabei hatte die sogenannte „Koalition der Willigen“ noch vor wenigen Tagen bei einem Treffen in Kiew den Mund ziemlich voll genommen. London, Frankreich, Warschau und Berlin drohten mit scharfen Konsequenzen, sollte sich Moskau nicht sofort zu einem Waffenstillstand bereit erklären. Zum ersten Mal ist es damit gelungen, eine Drohkulisse aufzubauen. Doch Putin ignorierte das Ultimatum, schickte weiter Raketen und Drohnen in die Ukraine und die Europäer reagierten, wie es der Kremlherrscher geahnt hatte: Sie taten nichts. Doch nur wer handelt, wird in Putins Welt auch ernst genommen.

Deutlich wird in dieser Situation, dass Brüssel seine Hoffnungen zu stark auf die USA setzt. Präsident Donald Trump hatte immer wieder mit Sanktionen gedroht, sollte sich Russland einem Friedensschluss verweigern. Doch der wetterwendische Mann im Weißen Haus tut nicht, was er mehrfach angekündigt hat – im Gegenteil. Trump hat die Forderung nach einem sofortigen und bedingungslosen Waffenstillstand fallengelassen. Inzwischen hat er sogar zentrale Standpunkte des Kremls übernommen, dass etwa zuerst über einen Frieden verhandelt und dann ein Waffenstillstand beschlossen wird. Für Putin ist das ein großer diplomatischer Sieg. Denn diese Gespräche sind für ihn lediglich Simulationen von Verhandlungen, er kann sie ewig ausdehnen und derweil sein Kriegsziel – die Zerstörung der Ukraine – mit unverminderter Härte vorantreiben. Es wird immer deutlicher, dass sich der US-Präsident, der den Krieg einst an einem Tag beenden wollte, von dem Ex-KGB-Offizier Putin wie ein Tanzbär am Nasenring durch die Manege ziehen lässt.

Europa muss sich auf sich selbst besinnen

Die Europäer dürfen sich daher nicht mehr von Trump-Tweets in Atem halten lassen, sondern müssen sich auf die eigene Sicherheitsagenda konzentrieren – Kiew in eine Position der Stärke zu bringen. Denn die Männer und Frauen in der Ukraine verteidigen Frieden und Freiheit für den Rest Europas. Sollte Putin mit seinem imperialistischen Feldzug erfolgreich sein, wird er nicht an der Grenze zur EU haltmachen. Schon jetzt ist der Westen permanent hybriden Attacken Moskau ausgesetzt.

Dem nun verabschiedeten Sanktionspaket müssen weitere und härtere Strafmaßnahmen folgen. Es ist beschämend, dass die Europäer nach wie vor jeden Monat 1,8 Milliarden Euro für Öl und Gas nach Moskau überweisen und so Putins Kriegskasse füllen. Ein weiterer Hebel wären die Hunderte Milliarden an russischem Zentralbankgeld in der EU. Das ist eingefroren, aber nicht konfisziert. Der Zugriff scheitert an der Uneinigkeit der EU, eine Freigabe zur Unterstützung der Ukraine ist nicht mehrheitsfähig. Immerhin die Zinsen aus den Vermögen werden an Kiew zum Waffenkauf überwiesen.

Das alles geschieht aber zu langsam, plant Russland doch bereits die nächste Offensive im Osten der Ukraine. Die Militärhilfe für Kiew muss nun zügig verstärkt werden. Auch Deutschland ist in der Pflicht. Friedrich Merz hatte als Oppositionsführer dem damaligen Kanzler Olaf Scholz Tatenlosigkeit vorgeworfen und sich für die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern ausgesprochen. Nun sitzt er am Schalthebel und muss beweisen, dass er angesichts des Sterbens in der Ukraine mehr als Phrasen drischt.

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