Immer mehr Tagesmütter tun sich zusammen und betreuen Kinder in privaten Krippenräumen. Das Hexenhäusle in Salach hat dabei Pionierarbeit geleistet.

Region: Corinna Meinke (com)

Salach - Gummistiefel türmen sich im Treppenhaus, und im Flur warten Kuscheltiere und Hausschuhe auf die kleinen Gäste. Auf den ersten Blick sieht es im Salacher Hexenhäusle auch nicht anders aus als in vielen anderen Einrichtungen für Kleinkinder im Alter von null bis drei Jahren. Dabei handelt es sich hier um ein ziemlich neues Geschäftsmodell: Tagesmütter haben sich zusammengetan, um in angemieteten Räumen gemeinsam statt alleine am heimischen Herd Tageskinder zu betreuen.

 

Die Idee dazu hatte Martina Sachsenmaier. Nach der Geburt ihrer beiden Kinder machte sich die Erzieherin als Tagesmutter selbstständig, merkte aber schon bald, dass es beschwerlich sein kann, bei jedem Gang zum Kindergarten eine ganze Gruppe kleiner Kinder wetterfest anzuziehen, wenn diese doch lieber spielen, essen oder ausruhen würden. So holte sich die junge Mutter Partnerinnen ins Boot und gründete die private Betreuungsgruppe namens Hexenhäusle. Zu dritt können die Tagesmütter nun acht Kinder gleichzeitig versorgen. Weil nicht alle Kinder ständig da sind, profitieren von dem Modell sogar bis zu 12 Kinder.

Viele Eltern in der Warteschleife

Das Hexenhäusle ist ständig voll belegt und könnte noch viel mehr Kinder beherbergen, ginge es nach den Eltern, die in der Warteschleife hängen. „Ich muss Eltern oft vertrösten“, sagt Sachsenmaier. Für jedes Kind, das nach der Zeit im Hexenhäusle in den Kindergarten wechselt, steht immer schon ein neues Kind parat und das sogar ein Jahr im Voraus.

Mit ihrer Idee hat Sachsenmaier bei der kommunalen Verwaltung in Salach offene Türen eingerannt und gleichzeitig die Kleinkindbetreuung in der Gemeinde auf den Weg gebracht. Erst jetzt plant die Gemeinde den Bau einer eigenen Krippe mit 20 Plätzen, um den gesetzlich geforderten Standard von 34 Prozent Anteil an Betreuung für Kinder ab einem Jahr zu erreichen. Dabei spielen die Tagesmütter eine wichtige Rolle, denn dank ihrer selbstständigen Tätigkeit spart die Kommune bares Geld. Das sieht auch der Bürgermeister Bernd Lutz so und nennt das Betreuungsmodell eine wichtige Stütze. Beim Bau einer Krippe rechnet Lutz pro Platz mit Kosten von rund 76 000 Euro, die Betriebskosten sind in dem Betrag darin noch nicht enthalten.

Zuschuss von der Gemeinde

Der Platz bei einer Tagesmutter kommt die Gemeinde um ein Vielfaches günstiger, und davon profitieren auch die Eltern. Pro Stunde kostet die Betreuung im Hexenhäusle 3,90 bis 4,20 Euro für die Eltern. Dafür bezahlt Salach einen Zuschuss an die Familien. Weil die Beträge von der Zahl der Kinder in einer Familie und vom Einkommen der Eltern abhängig sind, variieren die Summen. Eine vierköpfige Familie mit 3500 Euro Bruttoeinkommen bezahlt für wöchentlich 20 Stunden im Hexenhäusle nur rund 100 Euro im Monat, die Kommune schießt in einem solchen Fall rund 183 Euro zu. Pro Jahr macht das in Salach rund 44 000 Euro für 13 Kinder aus, denn neben dem Hexenhäusle gibt es noch weitere geförderte Pflegestellen. Neben dem kommunalen Zuschuss werden noch andere Zuschussarten verrechnet. Diese Aufgabe hat die Gemeindeverwaltung für das Hexenhäusle übernommen. Sie zieht nach Verrechnung aller Beträge den Elternanteil direkt von den Familien ein.

Weil die Gemeinde das Hexenhäusle für eine gute Sache hält, übernimmt sie die Miete für die Räume und die Hälfte der Beiträge für die Sozialversicherungen der dort tätigen Tagesmütter. Ein Modell, das auch der Tageselternverein Göppingen für wegweisend hält und anderen Kommunen im Kreis dringend empfiehlt.

Bei den Eltern beliebt

Beliebt ist das Hexenhäusle bei den Eltern wohl auch deshalb, weil die Tagesmütter flexibel reagieren. Nur zwei Wochen im Jahr ist die Krippe geschlossen und bietet ihre Dienste in fast allen Schulferien an. Auch die Tagesmütter selbst genießen die Freiheit, die ein eigener Betrieb ihnen bietet. Je nach Auslastung teilen sie den Schichtdienst während der Öffnungszeiten von 7 bis 17 Uhr frei ein, und ihre eigenen Kinder kommen auch gerne zum gemeinsamen Mittagessen vorbei. Jede Tagesmutter im Hexenhäusle wird nach Stunden entlohnt, bezahlten Urlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall erhalten die Frauen wie andere Selbstständige nicht.

In Salach hat das Beispiel vom Hexenhäusle Schule gemacht. Storchennest und Kunterbunt nennen sich die beiden weiteren Großpflegestellen, wie es im Behördendeutsch heißt. Ähnliche Angebote gibt es mit dem Paradiesle und dem Zwergenstübchen in Bad Boll. In Wiesensteig und in Uhingen stehen solche Betreuungsformen kurz vor der Gründung.