Nachdem der Mohr im historischen Wappen in die Kritik geraten ist, könnte Möhringen ein neues Wappen bekommen. Doch es gibt viele Hürden.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Begeisterung sieht anders aus. Zwar hat der Möhringer Bezirksbeirat im vergangenen Jahr mehrheitlich den Entwurf des Grafikers und Designers Gunther Stolle zum Sieger des Ideenwettbewerbs gekürt, doch was nun folgt, macht die Lokalpolitiker nicht glücklich.

 

Dabei waren die Voraussetzungen von Anfang an klar. Im Juni 2020 war der Mohr im historischen Wappen Möhringens in die Kritik geraten. Nach einigem Hin und Her beschloss der Bezirksbeirat, Vorschläge für ein neues, identitätsstiftendes Wappen zu sammeln. Sodann sollte der Siegerentwurf formal und unter heraldischen Gesichtspunkten geprüft werden. Tobias Steinmetzt vom Haupt- und Personalamt und Clemens Herzog vom Verein Pro Heraldica mit Sitz in Degerloch stellten vergangene Woche erste Ergebnisse vor.

Fakt ist, dass das alte Wappen nicht getilgt werden kann und soll und als historisches Wappen weiterhin verwendet werden darf. Allerdings kann der Gemeinderat, genauer gesagt der Verwaltungsausschuss, den Organen der Stadtverwaltung die Verwendung untersagen. Das neue Wappen wäre juristisch gesehen ein „Wappenlogo“. Das Ziel der Stadtverwaltung ist es, dieses in die Deutsche Ortswappenrolle des Herold-Vereins einzutragen. Dadurch würde es einen gewissen rechtlichen Schutz genießen. Zudem geht die Verwaltung davon aus, dass die Akzeptanz für das neue Wappen so erhöht werden könnte. Doch die dafür notwendige heraldische Überarbeitung würde deutlich umfassender ausfallen, als von den Bezirksbeiräten angenommen.

Balance zwischen dem Ursprungsentwurf und den heraldischen Anforderungen

„Es gilt, eine Balance zu finden zwischen dem Ursprungsentwurf und den heraldischen Anforderungen, die unveränderlich sind. Das Wappen wird am Ende anders aussehen. Es wird Einschnitte geben, basierend auf dem strikten Regelwerk der Heraldik“, sagte Gunther Stolle, der den Entwurf für das neue Wappen geschaffen hat, und ergänzte: „Ich würde mich freuen, wenn es dazu käme.“ Gunther Stolles Entwurf zeigt oben die Sonne vor rotem Hintergrund, darunter eine stilisierte Darstellung des historischen Spitalhofs im gelben Licht und zuletzt einen abstrakten Fasan in Orange und Blau vor einem grünen Hintergrund.

Die Überarbeitung durch den Verein Pro Heraldica müsste vom Bezirksbeirat aus seinem Budget finanziert werden. Gunther Stolle würde den Prozess ehrenamtlich begleiten. Die CDU machte aus ihrer Ablehnung kein Hehl. Sie hätte seinerzeit ohnehin einen anderen Entwurf zum Sieger des Ideenwettbewerbs gekürt. Der CDU-Sprecher Fred Wagner sagte: „Das neue Wappen ist ein geschichtsloses Wappen.“ Auch die Grünen waren skeptisch. „Ich kann mir nicht vorstellen, was am Ende bei der heraldischen Überarbeitung rauskommt, bei den vielen Dingen, die den Vorgaben nicht entsprechen“, sagte Hartmut Ellinger. Er erinnerte auch daran, dass der Bezirksbeirat „quasi gezwungen“ worden sei, ein neues Wappen auf den Weg zu bringen, wenn er nicht „wappenlos in die Zukunft“ gehen wolle.

Der Not gehorchend und nicht dem Triebe

Denn eine Mehrheit des Verwaltungsausschusses hatte bereits in einer Sitzung im Juli 2020 deutlich gemacht, dass man die offizielle Weiterverwendung des alten Wappens mit dem Mohr skeptisch sieht. „Wir sind nicht jubelnd dem Stadtrat gefolgt, sondern eher der Not gehorchend und nicht dem Triebe“, fasste Hartmut Ellinger zusammen. Clemens Herzog, der wissenschaftliche Leiter von Pro Heraldica, betonte: „Inhaltlich bleibt der Entwurf von Herrn Stolle erhalten. Es geht um eine bestimmte Stilisierung.“

Und wie geht es nun weiter im Wappenstreit? Der Bezirksbeirat will im März darüber abstimmen, ob er Geld aus seinem Budget für die Überarbeitung des Entwurfs bereit stellt. Tut er das, geht der Auftrag an den Verein Pro Heraldica. Das Ergebnis soll im Juni vorgestellt werden. Der Verwaltungsausschuss würde dann noch vor der Sommerpause über das neue Möhringer Wappen entscheiden.

Deutsche Ortswappenrolle

Verein
Die deutsche Ortswappenrolle ist ein von dem gemeinnützigen Verein Herold geführtes Register deutscher Ortswappen von kommunalrechtlich nicht selbstständigen Ortschaften und Ortsteilen. Es gibt sie seit 2011. Bisher sind 89 Wappen dort registriert, davon keines aus Baden-Württemberg.

Vorteile
Die Stadtverwaltung plädiert für eine Aufnahme in die Deutsche Ortswappenrolle. So würde der Prozess einen formalen Abschluss finden. Die Entstehung des Wappens würde dokumentiert und das Wappen perspektivisch in einer Publikation veröffentlicht werden. Zudem würde das neue Wappen, was rechtlich nur ein Wappenlogo sein kann, nicht hinter den Wappen anderer Stuttgarter Stadtteile zurückstehen.