Das Abitur in der Tasche, einen Studienplatz ergattert – damit gehen für viele junge Menschen die Probleme erst los. Denn wer nicht länger bei den Eltern wohnen kann oder will, braucht eine eigene Unterkunft. Und die sind rar und teuer. Nicht nur in den bekannten Unistädten wie Tübingen oder Heidelberg, sondern auch in Ludwigsburg, das mit der Pädagogischen Hochschule, der Evangelischen Hochschule, der Hochschule für Verwaltung und Finanzen, der Filmakademie und der Akademie der Künste schon längst zur Hochschulstadt geworden ist.
Das Studierendenwerk Stuttgart, das in der Barockstadt bislang 866 Zimmer an Studentinnen und Studenten vermieten konnte, hat mit einer modernen Wohnanlage an der Ecke Königsallee/Friedrichstraße aufgestockt und bietet 229 weitere Betten in Vierer-, Sechser- und Achter-WGs sowie in einer barrierefreien Dreier-WG. Damit stehen laut der Baubürgermeisterin Andrea Schwarz, die am Montag zur Eröffnungsfeier der Wohngebäude gekommen war, für die gut 10 000 Studenten insgesamt 1500 Wohnheimplätze zur Verfügung. „Wir hoffen dadurch auch auf eine Reduzierung des Pendlerverkehrs“, sagte sie.
Die Mietpreise kann sich längst nicht jeder leisten
Indes: Pendeln könnte zumindest mit den Öffentlichen dank des 49-Euro-Tickets deutlich günstiger sein. Denn die Studentenbuden sind zu einem Luxusgut geworden. Zwischen 440 und 500 Euro Warmmiete kostet ein sparsam möbliertes Zimmer von 12 bis 16 Quadratmetern in der neuen Wohnanlage, darin sind alle Nebenkosten außer dem Internetanschluss enthalten. Küchen und Bäder mit WCs werden von den WG-Bewohnern gemeinschaftlich genutzt.
Nadja Blumrich, Studentin der PH und Verwaltungsratmitglied des Studierendenwerks, betonte denn auch, Wohnen sei für Studenten viel zu oft eine Frage dessen, ob man es sich leisten könne – und überhaupt etwas finde. Diese Sorge werde durch den Neubau „zum Teil aufgefangen und abgemildert“, weil die Miete „verhältnismäßig günstig“ sei. Allerdings, so sagte sie später im Zweiergespräch, kenne sie genügend Kommilitoninnen und Kommilitonen, die sich das überhaupt nicht leisten könnten. Bei ihr selbst hätten sich die Nebenkosten um 100 Euro erhöht; das verdiene sie mit Jobs dazu.
Nebenher arbeiten ist kaum möglich
Justin Roessler wird deutlicher: „Man kann sich die Mieten in Ludwigsburg eigentlich nicht leisten.“ Wer wie er an der Filmakademie studiere, könne die Wohnheime des Studierendenwerks nicht nutzen und zahle für seine Unterkunft im Schnitt zwischen 450 und 550 Euro. Zudem sagt er: „Es ist praktisch nicht möglich, neben dem Studium an der Filmakademie her noch zu arbeiten.“ Viele hofften, ihr Studentenleben über ein bezahltes Projekt zu finanzieren. Wer vor dem Studium gearbeitet habe, könne zum Teil von Erspartem leben, sonst bleibe nur die Unterstützung durch die Eltern oder durch Bafög. Sein Fazit: „Die Bewerberzahlen um die Studienplätze in Baden-Württemberg gehen nicht umsonst zurück.“
Besser dran sind die allermeisten derjenigen, die an der Hochschule für Verwaltung und Finanzen studieren: Sie werden parallel schon bezahlt. Man bekomme aber von Kontakten mit anderen Studierendenvertretungen mit, dass wegen der Preiserhöhungen, und des erhöhten Drucks sich alle sehr um ihre Lernerfolge sorgten, sagt Pascal Metzger, Vorstand des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) an der VHF. „Ein Minijob ist zur Studiumfinanzierung oft nicht mehr ausreichend.“ Er weist auch darauf hin, dass die anderen Wohnheime in PH-Nähe günstiger sind. Die allerdings sind auch schon älter und ihr Bau nicht so teuer.
Ein Bettplatz kostet mehr als 100 000 Euro
Bei den Gebäuden an der Ecke Königsallee/Friedrichstraße hingegen haben Teuerung und steigende Zinsen voll zugeschlagen. 24,9 Millionen Euro hat das Studierendenwerk Stuttgart investiert, davon hat das Wissenschaftsministerium 1,8 Millionen übernommen. Zudem hat das Land das Grundstück, auf dem früher ein Parkplatz war, in vergünstigter Erbpacht zur Verfügung gestellt. Dafür musste man aber das direkt angrenzende, unsanierte Hochhaus der Oberfinanzdirektion übernehmen. „Das wird eine unserer nächsten Aufgaben“, sagte Geschäftsführer Marco Abe. Ein Bettplatz koste heute über 100 000 Euro – mehr als doppelt so viel wie noch vor zehn Jahren. „Über die Mieten kommt das nicht rein.“ Noch teurer geworden wäre das Ganze, wenn sich Stadt und Gemeinderat nicht nach langen Verhandlungen auf ein Mobilitätskonzept eingelassen hätten, womit die Zahl der eigentlich vorgeschriebenen Tiefgaragenplätze auf 31 reduziert werden konnte.
Wohnheime seien immer noch günstiger als andere Angebote, zudem ein Ort des Austauschs, betonte die Wissenschaftsministerin Petra Olschewski. Damit seien sie „ein maßgeblicher Baustein für soziale Gerechtigkeit und Bildungsgerechtigkeit“.
Neue Wohnanlage für Studentinnen und Studenten
Zimmer
Die meisten Zimmer sind zwölf Quadratmeter groß und mit Bett, Schreibtisch, Regal und Schrank ausgestattet. Die Fußbodenheizung wird mit Fernwärme gespeist. Die Gemeinschaftsküchen sind mit Elektrogeräten ausgestattet, die großen sogar mit einer Spülmaschine. Wegen der Lage direkt an der stark befahrenen Friedrichstraße sind die Fenster nur zum Putzen zu öffnen, statt dessen gibt es eine kontrollierte Wohnungslüftung.
Gemeinschaftsräume
im Erdgeschoss können für Lernrunden und zum Feiern genutzt werden. Beide Räume haben einen Zugang zum begrünten Innenhof.
Mobilitätskonzept Im Fahrradkeller ist Platz für 200 Räder, 30 weitere können im Innenhof abgestellt werden. Außerdem gibt es zehn Elektro-Lastenräder und eine Fahrradwerkstatt. In der Tiefgarage können E-Fahrzeuge geladen werden, oberirdisch sind drei Stellplätze für Carsharing-Fahrzeuge vorgesehen.