Der Bürgerverein Stammheim hat den Leiter der Justizvollzugsanstalt, Matthias Nagel, als Ehrengast zum diesjährigen Neujahrsempfang geladen. Sein humorvoller Vortrag kam bei den Besuchern sehr gut an.

Stuttgart-Stammheim - Ein gutes neues Jahr kann man auch noch wünschen, wenn schon 36 Tage davon verstrichen sind. Dieser Meinung sind auf jeden Fall der Stammheimer Bürgerverein, der zum insgesamt 18. Mal zum Neujahrsempfang eingeladen hat, und die Bezirksvorsteherin Susanne Korge, die betonte, dass ja immerhin noch 90 Prozent des Jahres übrig seien.

 

Für sie habe das neue Jahr eh so angefangen wie das alte aufgehört hat – mit dem Thema Flüchtlinge. Derzeit würden schon 106 Flüchtlinge in Stammheim leben. Im April oder Mai sollen weitere drei Unterkünfte für bis zu 243 Menschen an der Ottmarsheimer Straße bezugsfertig sein. Zudem wird wohl die Erweiterung des Standortes um ein viertes Gebäude in den nächsten Tagen beschlossen. „Klar, das ist eine Herausforderung“, sagte die Bezirksvorsteherin. „Ich bin nicht Angela Merkel und sage: ,Das schaffen wir‘, sondern ich bin Susanne Korge und sage: ,Des brenget mr no‘.“

Allerdings gebe es auch noch andere Themen in Stammheim – zum Beispiel die Ergebnisse der Haushaltsberatungen des Gemeinderats, die Korge mit „Freud und Leid“ überschrieb. Gefreut habe sie sich darüber, dass das Bezirksrathaus bald barrierefrei sein werde, und über die zusätzliche 50-Prozent-Stelle für die Mobile Jugendarbeit. „Leider werden davon aber wohl wieder 25 Prozent für die Schulsozialarbeit gestrichen“, sagte Korge. Sehr bedauerlich sei zudem, dass es kein Geld für das Bürger- und Familienzentrum gegeben habe.

Matthias Nagel stellt sich und die JVA vor

„Dennoch ist viel am Entstehen“, sagte Korge. Im April finde die Übergabe des neuen Feuerwehrgerätehauses statt. Die Nikolauspflege werde dieses Jahr fertig, und auch an der Korntaler Straße gehe es baulich voran. Wie lange es allerdings noch dauere, bis es im Gebiet Langenäcker-Wiesert losgehe, könne sie nicht sagen.

Gebaut wird derzeit auch am wohl bekanntesten Gebäude in Stammheim: an der Justizvollzugsanstalt (JVA). Matthias Nagel leitet die Einrichtung seit 1. Juni vergangenen Jahres. Am Freitagabend war er nun der Ehrengast in der Schloss-Scheuer. Der 49-Jährige sprach – natürlich – über die JVA und bezeichnete sie als einen „zumindest nicht alltäglichen Ortsteil“. Wie jede Stadt verfüge auch die JVA über ein Wohngebiet, Freizeiteinrichtungen, einen Gemeindesaal, ein Gewerbegebiet, eine kleine Bank, ein Bürgermeisteramt, ein kleines Krankenhaus, eine Reinigung, eine Gastronomie mit Catering Service und ein Transportunternehmen.

Alle 92 Tage ein Mieterwechsel

Die Einwohnerzahl habe Ende des vergangenen Jahres die 700er Marke überschritten. Es herrsche eine hohe Fluktuation. 2897 Bewohner seien eingezogen, 2774 haben die JVA aber auch wieder verlassen. „Gleichzeitig war festzustellen, dass der Ortsteil offensichtlich weltweiten Ruf genießt, waren doch immerhin 64 verschiedene Nationen am Ende des Jahres im Hause anzutreffen“, sagte Matthias Nagel.

Seit 1963 sei die JVA in Betrieb. Eine Generalsanierung sei notwendig. „Sie dürfen sich in diesem Zusammenhang gerne vorstellen, in welchem Zustand Wohnräume sind, in denen durchschnittlich alle 92 Tage ein Mieterwechsel stattfindet“, sagte Nagel. Einiges sei schon erledigt. Die Innenausbauarbeiten gingen nun in die letzte Runde. „Wir hoffen, dass wir die neuen Gebäude Ende 2016 beziehen können.“ Das sei etwa ein Jahr später als geplant. Ein Wasserschaden und die Insolvenz eines größeren am Bau beteiligten Unternehmens seien für die enorme Verzögerung verantwortlich. „Soweit der Neubau nicht noch einmal ins Stocken gerät, lade ich die Stammheimer herzlich ein, im kommenden Winter die JVA einmal zu besuchen“, sagte Matthias Nagel.