Alljährlich im Herbst konservieren meine Nachbarn Gemüse in rauen Mengen. Auch ich lege jetzt Kohlköpfe ein. Tipps geben Putzfrau und Schwiegervater.

Korrespondenten: Thomas Roser (tro)

Belgrad - Wenn die Blätter fallen, scheinen sich die Belgrader in unersättliche Hamster zu verwandeln. Bergeweise werden auf den Märkten Kohlköpfe, Paprika, Gurken und Möhren gekauft. Es sind nicht nur die niedrigen Gemüsepreise und Tradition, sondern auch karge Löhne und Mini-Renten, die ganze Familien sich in der hohen Konservierungskunst üben lassen.

 

Serbiens herbstlicher Drang zum Krautfass vermochte sich in diesem Jahr erstmals auch der Korrespondent nicht zu entziehen. „Was, Du machst Kraut ein? Alle Ehre!“, grüßte mich erfreut mein Gemüsehändler, als er mich mit einem Plastik-Fass durch die Ladentüre rumpeln sah. Das wichtigste sei „guter serbischer Kohl mit dünnen Blättern – und das richtige Salz“ so sein Rat, bevor ich um zehn Kohlköpfe reicher sein Geschäft verließ.

Nur Salz aus Tuzla nehmen, rät die Putzfrau

Zuhause lösten meine Einkäufe Freude aus, aber auch Kritik an dem als viel zu klein empfundenen Fass. „Da passen nicht mal vier Köpfe rein“, ließ die Haushaltschefin wissen, bevor sie los eilte, um ein richtiges Fass zu erwerben. Nur das Salz aus dem bosnischen Tuzla gebe dem Kraut den richtigen Geschmack, riet unsere Putzfrau Sonja: Als es während der Jugoslawien-Kriege nicht erhältlich gewesen sei, habe das Wintergemüse „einfach nicht so richtig geschmeckt“.

In mitteleuropäischen Breiten fermentiert der feingeschnittene und eingesalzene Kohl beschwert von einem Brett im irdenen Topf. Auf dem Balkan legt man die ganzen Kohlköpfe ein. Vor dem Verzehr als Krautsalat schneidet man sie wie ein Brot in Scheiben und bestreut diese mit etwas groben Paprikapulver.

Sollen wir auch Paprika einmachen?

Doch so weit ist es noch nicht mit unserem Plastikfass auf dem Balkon. Wie von Schwiegervater Momcilo empfohlen, füllte ich die Öffnungen der herausgeschnittenen Strünke mit Tuzla-Salz auf, bevor ich die Kohlköpfe sorgfältig aufschichtete, noch einmal großzügig mit Salz bestreute und das Fass mit Wasser füllte. Mit Hilfe eines Schlauchs blase ich ein wenig Luft in den Gärsud. „Das wirbelt das Salz auf – und entlüftet“, so Kraut-Experte Momcilo.

Fast täglich pilgere ich nun mit dem Schlauch zum Fass. Doch nur Übung und Erfahrung machen den erfolgreichen Krautmeister. Ob meine Krautpremiere gelingt, wird sich erst in einigen Wochen weisen. Unser neues Balkon-Fass lässt der Lebensgefährtin auf Ideen kommen: „Wir haben doch so viele alte Gläser: Sollen wir nicht auch noch Paprika einmachen?“