Schulen sollen in Baden-Württemberg nicht mehr einfach auslaufen. Mit dem Gesetz zur regionalen Schulentwicklung will Grün-Rot die Schullandschaft planvoll an die rückläufigen Schülerzahlen anpassen und gute Schulen in allen Regionen gewährleisten. Die Opposition hat Zweifel.

Stuttgart - Kommunen sollen durch die regionale Schulentwicklung gemeinsam mit ihren Nachbarn die zukünftige Schullandschaft ihrer Region gestalten und langfristig sichern. So können Schulen , die breitere pädagogische Möglichkeiten bieten, erhalten bleiben oder neu entstehen. so fasst Kultusminister Andreas Stoch (SPD) die Intention des Gesetzentwurfes zusammen, den das Kabinett auf den Weg gebracht hat. Zum Schuljahr 2014/15 soll das Gesetz in Kraft treten.

 

Die Vorgaben sollen bereits für die Genehmigungen der neuen Gemeinschaftsschulen gelten. Für das kommende Schuljahr liegen für sie laut Stoch 108 Anträge vor. Strittig sind vor allem die Mindestgrößen von 40 Schülern pro Jahrgang. Der Präsident des Gemeindetags Roger Kehle bevorzugt die Definition „stabile Zweizügigkeit“.

Transparentes Verfahren

Stoch sucht die Verständigung. „40 sind kein Fallbeil“, sagte er, aber stabile Zweizügigkeit sei anderseits recht nahe an 40 Schülern pro Jahrgang. In einer offiziellen Reaktion auf den Gesetzentwurf lobt der Gemeindetag die regionale Schulentwicklung als ein gutes Verfahren für eine „geregelte, transparente und für alle Beteiligten nachvollziehbare Schulentwicklungsplanung in jeder Region des Landes“. Allerdings dürfe das Gesetz kein Papiertiger bleiben. Schon jetzt, sagte Kehle, würden nicht alle Schulämter die vorliegenden Eckpunkte anwenden, die sich in dem Gesetz wiederfinden sollen.

Für den Handwerkspräsidenten Joachim Möhrle ist der Start des Gesetzgebungsverfahrens längst überfällig und dringend notwendig. Bisher hätten sich die Kommunen gegenseitig ausgespielt und das Konzept der Gemeinschaftsschule als Trumpf im Wettstreit um Schulstandorte missbraucht, kritisierte Möhrle. Er erneuerte die Forderung des Handwerkstags, keine neuen Gemeinschaftsschulen zuzulassen bis die Schulentwicklung abgeschlossen ist. Das Kriterium der zumutbaren Erreichbarkeit müsse auch für berufliche Schulen gelten. Dort rede man von Fahrtstrecken von 100 Kilometern.

Kritik am Zweisäulenmodell

Grundlage soll das Zweisäulenmodell aus Gymnasium und integrativen Schulen sein. Daraus folgert die CDU: „Mit der regionalen Schulentwicklung wird die Schullandschaft endgültig umgepflügt.“ Auch gut besuchten Realschulen bleibe keine Zukunft mehr, sagte Georg Wacker, der Bildungsexperte der CDU. Andererseits betrachtet er es als „machbaren Entwicklungsschritt, dass Realschulen künftig auch den Hauptschulabschluss anbieten können. Er kritisiert, dass Grün-Rot den regionalen Unterschieden nicht Rechnung trage. Ländliche Schulen müssten gemeinsame Standorte mit differenzierten Bildungsgängen bilden können.

Die FDP kritisiert, die Regierung schiebe den Schwarzen Peter für Schulschließungen den Kommunen zu. Ginge es Grün-Rot wirklich um Gestaltungsfreiheit vor Ort, würden die regional Verantwortlichen ein Budget zur Eigenverantwortung bekommen, erklärten Hans-Ulrich Rülke und Timm Kern. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) lobt, dass mit dem Gesetzentwurf ein langjähriger Stillstand beendet werde. Jetzt müsse die Regierung aber den Lehrern von Haupt- und Werkrealschulen Perspektiven aufzeigen. Auch den verbliebenen Schülern an Haupt- und Werkrealschulen müsse gute Bildung gesichert werden, fordert die GEW-Landesvorsitzende Doro Moritz.

Der Berufsschullehrerverband warnt davor, durch gymnasiale Oberstufen an Gemeinschaftsschulen Doppelstrukturen zu schaffen. Statt dessen sollten sie mit beruflichen Gymnasien kooperieren.

40 als Maß aller Dinge

Das Gesetz sieht vor, dass neue Haupt-/Werkreal-, Realschulen und Gemeinschaftsschulen nur eingerichtet werden können, wenn sie in den Eingangsklassen 40 Schüler haben. So soll langfristig stabile Zweizügigkeit gewährleistet sein. Neue Gymnasien können nur entstehen, wenn sich 60 Schüler für die fünfte Klasse angemeldet haben. Gemeinschaftsschulen können nur eine gymnasiale Oberstufe aufsetzen, wenn in der Klasse elf 60 Schüler zu erwarten sind.

Für berufliche Schulen gelten andere Parameter. In den nächsten Wochen will Stoch eine Rechtsverordnung vorlegen.