Die Fraktionsspitzen loten bei der Neuregelung der Erbschaftsteuer einen Kompromiss aus. So soll der Punkt Firmenbewertung abgemildert werden.

Berlin - Nach monatelangen Verhandlungen steht die große Koalition kurz vor einer Einigung über die Erbschaftsteuerreform. Die Sprecher der Verhandlungsführer betonten zwar, es gebe noch keine Vereinbarung zwischen SPD und Union. Nach Informationen aus Koalitionskreisen sind die Verhandlungen aber weit gediehen. Ursprünglich hatten die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Ralph Brinkhaus (CDU) und Carsten Schneider (SPD) sowie die CSU-Landesgruppenvorsitzende Gerda Hasselfeldt vorgehabt, dass der Bundestag die Erbschaftsteuerreform in der kommenden Woche verabschiedet. Dazu wird es wohl aber nicht kommen, da eine Reihe von Abgeordneten noch Klärungsbedarf sieht. Das Ziel ist, in den nächsten Tagen die Einigung zu verkünden. Nach der Verabschiedung im Bundestag wird dann der Bundesrat entscheiden.

 

CSU-Chef Seehofer Vorbehalte geltend gemacht haben

In der Koalition wird zwar betont, es könne noch Änderungen geben. Dem Vernehmen nach soll CSU-Chef Horst Seehofer Vorbehalte geltend gemacht haben. Die Modelle sollen erst noch berechnet werden. Die Vorschläge der Fraktionsführungen laufen darauf hinaus, mehrere strittige Punkte, die von den Wirtschaftsverbänden moniert worden sind, zu korrigieren. Das betrifft die Ermittlung des Unternehmenswerts. Im Erbfall oder bei Schenkungen können die Unternehmenswerte auf zwei Arten ermittelt werden: Größere Familienunternehmen geben in der Regel bei Wirtschaftsprüfern ein Gutachten in Auftrag, um den Unternehmenswert zu ermitteln. Das Finanzamt entscheidet dann, ob es dem Gutachten folgt. Die Gutachten sind mit Kosten verbunden. Alternativ dazu gibt es das vereinfachte Ertragswertverfahren, das meist kleine und mittlere Betriebe nutzen. Zurzeit werden Unternehmen dabei mit dem 18-Fachen ihres jährlichen Nettogewinns bewertet. Künftig soll der zwölffache Wert des Gewinns zugrunde gelegt werden. Dies wird mit der gegenwärtigen Niedrigzinsphase begründet. Im Ergebnis führen die Pläne der Koalition dazu, dass die Unternehmen steuerlich niedriger bewertet werden.

Es soll eine Investitionsklausel geben

Auch in einem weiteren Punkt soll es Verbesserungen im Sinne der Wirtschaft geben. Auf Wunsch der Union soll eine Investitionsklausel ins Gesetz eingeführt werden. Damit soll verhindert werden, dass Investitionen wegen des überraschenden Tods eines Firmeninhabers gefährdet werden. Die Mittel des Unternehmens, die für Investitionen vorgesehen sind, sollen bei einem Todesfall steuerlich begünstigt werden. Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung gelten die Vergünstigungen nur für Wirtschaftsgüter wie Maschinen und Betriebsgrundstücke. Mit der Investitionsklausel soll vermieden werden, dass schwankende Liquiditätsreserven zu negativen Effekten bei der Erbschaftsteuer führen. Davon können beispielsweise Familienunternehmen mit starkem Saisongeschäft profitieren. Ein Betrieb, der den Gutteil seiner Einnahmen im Sommer erzielt, legt die Mittel zurück und nimmt die Investitionen häufig im Herbst und Winter vor. Verstirbt der Firmeninhaber während des Saisongeschäfts, würden die Geldmittel für Investitionen nach dem Regierungsmodell nicht verschont. Dies soll künftig der Fall sein.

Die SPD besteht allerdings darauf, dass die Unternehmen im Gegenzug auch einige Kröten schlucken. Es soll bei der Bedürfnisprüfung für große Familienunternehmen bleiben. Beträgt das begünstigte Vermögen, das geerbt oder geschenkt wird, mindestens 26 Millionen Euro pro Erbe, erfolgt eine Bedürfnisprüfung. Die Firmenerben müssen dann die Hälfte ihres Privatvermögens heranziehen, um die Erbschaftsteuer zu bezahlen. In dem Fall, in dem Eigentümer per Gesellschaftervertrag nur eingeschränkt auf Firmenanteile zugreifen können, soll ein höherer Schwellenwert gelten. Auf Druck der SPD sollen allerdings schärfere Regeln greifen, wenn Firmenerben ihr Privatvermögen nicht offenlegen wollen. Dafür sieht der Gesetzentwurf der Regierung das Abschlagsmodell vor, das wie folgt aussieht: Je höher das Betriebsvermögen, desto geringer der Verschonungsabschlag. Wie zu hören ist, will die SPD beim Abschlagsmodell strengere Maßstäbe anlegen. Nach dem Regierungsentwurf soll bei engen gesellschaftsrechtlichen Bindungen ab 142 Millionen Euro Betriebsvermögen der Verschonungsabschlag von 85 oder 100 Prozent auf einheitlich 20 Prozent sinken. Im Gespräch ist nun, dass die niedrigste Verschonung bei einem Betriebsvermögen von etwas mehr als 100 Millionen Euro erreicht wird. Dagegen gibt es in der Union allerdings noch Bedenken.