Glückshormone schalten das rationale Denken aus. So werden große Gefühle wissenschaftlich analysiert.
10.09.2010 - 14:10 Uhr
Stuttgart - Das Herz rast, das Zeitgefühl schwindet und die Gedanken kreisen nur noch um die eine Person - wenn wir verliebt sind, steht die Welt Kopf. "Liebe ist eine schwere Geisteskrankheit", soll schon Platon gesagt haben. Die Anthropologin Helen Fisher von der Rutgers-Universität in New Jersey, eine der bekanntesten Forscherinnen auf dem Gebiet der Liebe, formuliert es versöhnlicher: "Romantische Liebe ist eines der mächtigsten Gefühle auf dieser Welt."
Doch was passiert mit uns, wenn wir uns verlieben? Eine Antwort auf diese Frage suchen Forscher wie Fisher seit einigen Jahren, indem sie die Hirnaktivitäten von verliebten Studienteilnehmern untersuchen. So schickten die Neurobiologen Andreas Bartels und Semir Zeki vom University College London vor einigen Jahren 17 frisch verliebte Versuchspersonen in einen Computertomografen und maßen deren Hirnaktivität, während sich die Probanden Fotos von der geliebten Person und von Freunden ansahen. Die Resultate waren verblüffend: Sahen die Probanden Bilder der geliebten Person, waren andere Areale aktiv als bei einem Blick auf ihre Freunde. Interessant war die Aktivität von Hippocampus, Nucleus caudatum, Putamen und Nucleus accumbens: Diese Hirnareale spielen im Belohnungssystem des Gehirns eine wichtige Rolle.
Liebende haben den Verstand verloren
Hirnregionen, die für die Wahrnehmung von Angst zuständig sind oder für die kritische Bewertung anderer, waren beim Anblick der geliebten Person hingegen weniger durchblutet als üblich. "Es ist nicht verwunderlich, dass wir häufig überrascht sind von der Partnerwahl, die andere treffen, und uns fragen, ob sie den Verstand verloren haben", schreibt Zeki. "Tatsächlich haben sie das. Liebe ist oft irrational, weil rationale Entscheidungen ausgesetzt oder nicht mehr mit der üblichen Strenge angewandt werden." Möglicherweise macht Liebe ja tatsächlich blind.