Dass Alexis Tsipras zurücktritt und die Bürger zur Wahl ruft, hat vor allem mit den Auflösungserscheinungen in seinem Linksbündnis Syriza zu tun, meint StZ-Autor Gerd Höhler.

Berlin - Griechenland braucht keine Neuwahlen. Die Hellenen haben erst Ende Januar ein neues Parlament gewählt. Wenn Alexis Tsipras jetzt die Bürger erneut zu den Urnen ruft, hat das vor allem mit den Auflösungserscheinungen in seinem Linksbündnis Syriza zu tun. Tsipras will mit der Neuwahl die Syriza-Rebellen abstrafen, die ihm zuletzt die Gefolgschaft verweigerten. Sie haben keine Chance, erneut als Kandidaten aufgestellt zu werden.

 

Tsipras bürdet damit den Wählern die internen Probleme seiner Partei auf. Immer wieder hatte der entscheidungsschwache und konfliktscheue Premier die überfällige Auseinandersetzung mit dem linksextremen Syriza-Flügel aufgeschoben. Jetzt sucht er eine Zuflucht in Neuwahlen. Nähme er seine Pflichten ernst, würde er eine breite Koalition mit den proeuropäischen Parteien bilden, die ihn bei der Verabschiedung des neuen Hilfsprogramms unterstützt haben.

Griechenland braucht jetzt mehr denn je eine handlungsfähige Regierung, um die Vorgaben des neuen Hilfsprogramms umzusetzen und das zerstörte Vertrauen seiner Partner zurückzugewinnen. Aber wieder einmal, wie schon bei der überflüssigen Volksabstimmung Anfang Juli, stellt Tsipras die Interessen seiner zerbröselnden Partei und seine eigenen politischen Ambitionen über die Belange des Landes.