Der VfB wollte mit seiner Transferpolitik die Wende einleiten. Dies ist nur bedingt gelungen, wie eine Bilanz zeigt.

Stuttgart – Das hat sich Robin Dutt am 25. Mai ganz anders vorgestellt. Der Sportvorstand war gerade fünf Monate im Amt, als er auf einer Pressekonferenz die Vereinspolitik in der Zeit vor seinem Einstieg beim VfB Stuttgart heftig kritisierte. Ab sofort wird alles besser, sagte Dutt sinngemäß. Das war damals der Anspruch.

 

Am 8. Oktober belegt die Mannschaft nach der ersten Hälfte der Hinrunde den letzten Tabellenplatz in der Fußball-Bundesliga. Jetzt bittet Dutt um Geduld für die Umbaumaßnahmen, die er auf verschiedenen Ebenen im Club anstrebt. „Ein, zwei Jahre“, könne das noch dauern, sagt er. Das ist heute die Wirklichkeit.

Zwischen dem Anspruch am 25. Mai und der Wirklichkeit am 8. Oktober liegt eine Transferperiode, in der Dutt acht Spieler verpflichtete. Mit ihnen wollte er einleiten, was er im Mai angekündigt hatte: dass nämlich ab sofort alles besser wird. Und wie lautet angesichts dessen die Zwischenbilanz der Neuzugänge – speziell auf den drei Schlüsselpositionen, auf denen Dutt vor allem nach Verstärkungen gesucht hat?

Der Torwart

Für drei Millionen Euro kam der Dortmunder Ersatzkeeper Mitchell Langerak (27), der beim VfB als Nachfolger von Sven Ulreich (zu Bayern) vorgesehen war. Doch dann fiel er gleich aus – wobei im Umfeld der Borussia und in einigen Borussen-Blogs schon im März zu hören und zu lesen war, dass das Knie von Langerak problembehaftet und beschädigt ist. Deshalb lautet die Frage, ob man diese Nachricht in Stuttgart hätte ernster nehmen müssen? Dutt antwortet: „Die Verletzung von Mitchell konnte keiner ahnen.“ So oder so – wann Langerak zurückkehrt, ist ungewiss.

Für ihn steht Przemyslaw Tyton (28) zwischen den Pfosten, für den der VfB eine Million Euro an Eindhoven zahlen musste. An diesem Beispiel erklärt Dutt auch sein Prinzip. Regel eins: „Bevor wir einen Transfer machen, muss der Spieler von uns live vor Ort beobachtet werden“, sagt er – wobei Tyton ein Sonderfall ist. Denn einen Stammtorhüter aus der ersten spanischen Liga (Tyton war zuletzt an Elche ausgeliehen) als Nummer zwei unter Vertrag zu nehmen, sei ja kaum ein Risiko, sagt Dutt. Aber notgedrungen wurde aus der Nummer zwei die Nummer eins – mit Folgen. Tyton griff schon mehrfach daneben und hat dadurch großen Anteil an der Flut der Gegentore, die der VfB kassiert hat. Eine Fußnote ist in diesem Zusammenhang sicher nur, dass Tyton von Maikel Stevens beraten wird. Der Sohn des alten VfB-Trainers Huub Stevens brauchte im Sommer einen Abnehmer für den Keeper, da Elche abgestiegen war und Eindhoven keine Verwendung mehr für Tyton hatte. So ist er in Stuttgart gelandet.

Das Fazit: auf dieser Position hat sich der VfB verschlechtert.

Der Innenverteidiger

Schon im Winter war klar, dass Antonio Rüdiger den Verein verlassen wird. Er wechselte zu AS Rom. Der VfB benötigte Ersatz, den Erwin Hadewicz besorgen sollte. Der Scout unterbreitete Vorschläge und präsentierte Lösungsansätze wie den Italiener Davide Astori. Aber entweder konnte der VfB diese Spieler nicht finanzieren – oder sie wollten nicht zum VfB. Und diejenigen, die zum VfB wollten (etwa Emir Spahic), wollte der VfB nicht. Am Ende geriet der Club unter Druck. Toni Sunjic (26) war so ziemlich der Einzige, der übrig blieb. Der Manager Joachim Cast und der Chefscout Ralf Becker nahmen den Bosnier einmal gemeinsam in Krasnodar unter die Lupe – siehe Regel eins des Dutt-Prinzips. Einmal ist besser als kein Mal – aber reicht das? Danach wurde Sunjic für drei Millionen Euro verpflichtet. Dabei gab es intern durchaus Bedenken, weil es ihm offensichtlich an der Schnelligkeit fehlt – dabei ist das Tempo im System des Trainers Alexander Zorniger für einen Innenverteidiger die Grundvoraussetzung. Anfangs machte Sunjic seine Sache dennoch ordentlich, doch gegen Gladbach und Hoffenheim waren seine Defizite kaum mehr zu übersehen.

Das Fazit: auf dieser Position hat sich der VfB auch verschlechtert.

Der Linksverteidiger

Der ablösefrei von Espanyol Barcelona geholte Emiliano Insua ist als Stammkraft unumstritten. Entdeckt wurde er von dem VfB-Scout Ben Manga, ehe Regel zwei des Dutt-Prinzips in Kraft getreten ist. Wie bei jeder Personalentscheidung wurde über Insua in einer Fünferrunde mit Dutt, Zorniger, Cast, Becker und dem Nachwuchsleiter Rainer Adrion diskutiert. Das nennt Dutt „unsere konzeptionelle Strategie“. Sie besagt, Regel drei, dass ein Spieler nur verpflichtet wird, wenn die Mehrheit der Fünferrunde dafür ist. Zudem hat dieser Kreis laut Regel vier den Auftrag, Dutt auch Empfehlungen vorzulegen. Nicht zuletzt daran wird speziell die Arbeit von Cast, Adrion und Becker gemessen. Insua war ein guter Tipp. „Er hat eingeschlagen“, sagt Dutt.

Das Fazit: auf dieser Position hat sich der VfB verbessert.

Weiter wurden Robbie Kruse, Philipp Heise, Lukas Rupp und Jan Kliement verpflichtet, die aber verletzt (Kruse), Mitläufer (Heise, Rupp) oder Perspektivspieler (Kliement) sind. So heißt das Zwischenergebnis der Transferpolitik: 1:2 aus VfB-Sicht. Der Anspruch war einmal anders.