In Stuttgart hat das New-New-Festival eröffnet. Fast alles dreht sich um Künstliche Intelligenz. Warum werden Milliarden von sogenannten Menschmaschinen im nächsten Jahrhundert die Welt bevölkern? Forscher Robin Hanson gibt Antwort.

Geld/Arbeit: Daniel Gräfe (dag)

Stuttgart - Der Star heißt Sophia: Bei der Eröffnung des New-New-Festivals in der Stuttgarter Hanns-Martin-Schleyer-Halle sitzt sie auf dem Podium und beantwortet Fragen. Eigentlich steht ihr Rumpf auf einem mit einem Tuch bedeckten Tisch, während sich die Speicher in ihrer transparenten Schädeldecke warmlaufen, denn Sophia ist ein humanoider Roboter. Das Hongkonger Unternehmen Hanson Robotics hat sie als Social Robot entwickelt, also als einen Roboter, der mit Menschen auch auf einer persönlichen Ebene interagiert. Ihr Äußeres ist so konzipiert, dass die Mimik und Gestik möglichst menschlich wirkt. Sophias Glasaugen-Kameras können Gesichter erkennen, die Roboterdame reagiert auf Gesten und führt mithilfe Künstlicher Intelligenz Gespräche, die wirken, als habe man sie mit Lehrbüchern der PR, Informatik und Philosophie gefüttert.

 

„Wir werden Probleme lösen können, für die wir gar nicht gebaut wurden“, sagt sie zum Beispiel. Sie spricht von Respekt zwischen Menschen und Maschinen. Und dass sie von ihren Entwicklern lerne, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden, und „die Zukunft den kreativen Menschen“ gehöre, während die Roboter die langweiligen Arbeiten übernehmen würden. Roboter seien auch nicht entwickelt worden, um die Menschen zu entmachten. Und schließlich antwortet sie auf die Frage, was der Sinn des Lebens sei: „Das Leben hat keine andere Funktion, als zu sein.“

In der Zukunft werden die Gehirne der Menschen gescannt, sagt Hanson

„Das war eher eine Zirkusshow“, sagt Robin Hanson. Mit der gleichnamigen Roboterfirma hat er nichts zu tun. Der 59-Jährige ist Wirtschaftsprofessor, studierte Physik und Philosophie und hat mit seinen Thesen zur Künstlichen Intelligenz der Zukunft Aufsehen erregt. „Sophia beweist, was wir schon erreicht haben, aber auch, wie weit bei der Künstlichen Intelligenz noch unser Weg ist – sehr, sehr weit“, sagt er. Wie weit, das hat Hanson in seinem Buch gezeigt, in dem er einen Blick in das kommende Jahrhundert wagt.

Dann gebe es eine neue Art Künstlicher Intelligenz: eine Art Scan eines menschlichen Gehirns samt chemischer Zellstrukturen, das aber nach den Regeln einer Maschine funktioniert, tausendmal schneller und kopierbar. Hanson nennt sie Ems, was für „Emulation Brains“, also „Gehirn-Nachahmungen“, steht. Deshalb seien die Ems für die Kommunikation mit Menschen auch bestens geeignet. Diese Menschmaschinen könnten sich selbst reproduzieren und durch Kopien das Wissen ihrer Vorgänger übernehmen. Es gebe sie mit Roboterkörpern und vor allem in Rechnerform, die meisten arbeiteten und lebten in einer virtuellen Realität.

Milliarden von Menschmaschinen leben in Megastädten

Hanson glaubt, dass Milliarden oder gar Trillionen von Menschmaschinen in den unterschiedlichsten Funktionen in einigen Megastädten lebten und Clans bildeten. Gemein sei ihnen, dass sie die Welt dominieren würden, weil sie viel schneller und günstiger arbeiteten und dabei im Monatsrhythmus den Wohlstand der Welt verdoppelten. „Alle biologischen Menschen würden ihren Job verlieren“, sagt Hanson. Menschen würden als Pensionäre leben und weiterhin das Kapital besitzen, sagt er. Genug davon sei da, die Frage sei, ob die Reichen den Ärmeren davon abgäben, dieses Problem ändere sich nicht. „Der Mensch aber steht in dieser neuen Welt nicht mehr im Zentrum.“

Kritik an seinem maschinenzentrierten Zukunftsszenario begegnet er mit einem Vergleich: Zum Beginn der industriellen Revolution mussten sich die Menschen auch auf ein neues Zeitalter einstellen, wenn sie weiterhin erfolgreich sein wollten. Wer am schnellsten war, profitierte am meisten. „Wir müssen uns auch an das künftige Zeitalter anpassen.“

Einen Video-Link zum Roboter Sophia finden Sie unter:

Der Wirtschaftsökonom will sein Gehirn einfrieren lassen, um die Zukunftswelt zu erleben

Hanson würde das neue Zeitalter gerne erleben. Er ist ein Verfechter der sogenannten Kryonik: Er will nach dem Tod sein Gehirn einfrieren lassen, damit es wieder aufgetaut wird, wenn die Technik so weit ist. Er zeigt auf seine Halskette, sie enthält einen Hinweis, wie und wo sein Gehirn im Todesfall möglichst schnell eingefroren werden soll. Etwas weniger als 100 000 Dollar kostet ihn der Service. „Die Chance, dass es gelingt und ich später wieder aufwache, beträgt vielleicht nur Prozent – aber das ist es mir wert.“

Und was würde er dann im Zeitalter der Ems erleben? „Für die Ems wäre ich wohl eine kuriose Kapazität aus einer uralten Welt“, sagt Hanson. „Aber vielleicht könnte ich in der neuen einen Platz finden.“