Klassische Defilees waren gestern. Heute setzen die Designer auf ungewöhnliche Locations und Kooperationen mit Influencern. Das ist auch eine Konsequenz der Digitalisierung der Mode.

Stuttgart/ New York - Soziale Medien wie Instagram und Twitter verändern die Art, wie Mode wahrgenommen und gekauft wird. Deshalb suchen Designer und Modehäuser nach neuen Wegen, um ihre Kollektionen erfolgreich zu vermarkten. Auf hunderten Veranstaltungen in ganz Manhattan zeigen Labels bis zum 16. Februar ihre Entwürfe für den kommenden Herbst und Winter. Einige Kollektionen kann man sofort kaufen.

 

Mit diesem Experiment versucht die New York Fashion Week seit einigen Jahren, auf das immer schnellere Modegeschäft zu reagieren. Während in Europa die Modehäuser mit Defilees auf den Laufstegen dem traditionellen Stil treu bleiben, stellt New York den klassischen Catwalk immer mehr infrage. „Das ist eine Reaktion auf die Digitalisierung der Modebranche“, sagt Sabine Resch, Studienleiterin des Fachs Modejournalismus an der Akademie für Mode und Design in München. Es gehe darum, ein besonderes Live-Event zu schaffen, das sich von der Masse abhebt und das man so in digitaler Form nicht bekommt. Ein Phänomen, dem man nicht nur innerhalb der Mode, sondern in der gesamten Popkultur begegnet. Ein illustres Beispiel für diese Entwicklung liefert Karl Lagerfeld mit seinen Mega-Mode-Events für das Pariser Modehaus Chanel, für die er ganze Supermärkte bauen, Raketen aufstellen oder Eisberge modellieren lässt.

Victoria Beckham zeigt ihre Kollektion in einer pompösen Villa

Auch in New York finden die Designer für ihre Präsentationen immer neue Orte, die klassischen Zelte im Bryant-Park zwischen der 5th und 6th Avenue haben ausgedient. So tauscht beispielsweise Victoria Beckham in diesem Jahr die Neorenaissance-Eleganz im Finanzbezirk, wo sie in den vergangenen Jahren ihre Kollektionen vorstellte, gegen eine Villa auf der Upper East Side. Dort will sie ihre Kollektion ausgewählten Gruppen präsentieren. Die britische Modeschöpferin ist nicht die einzige, die vom Laufsteg auf einen kleineren Rahmen umsteigt. Derek Lam lädt zum Lunch, und Gilles Mendel zeigt seine Kollektion für das Label J.Mendel in einem für Macarons und Instagram-taugliche Bilder bekannten Café in Soho.

Marken engagieren prominente Influencerinnen

Noch einen Schritt weiter geht die texanische Designerin und Social-Media-Pionierin Lela Rose. Sie hat zehn ihrer Lieblings-Influencer ausgewählt, die gleichzeitig Looks aus ihrer neuen Kollektion auf Instagram teilen werden. „Die digitale und die analoge Modewelt profitieren so voneinander“, sagt Sabine Resch. „Supermodels wie Gigi Hadid, Kaia Gerber oder Stefanie Giesinger sind sowohl Supermodels als auch Influencer. Sie haben Millionen von Followern in den sozialen Medien und machen ihre jungen Fans mit Marken wie Tommy Hilfiger oder Dolce & Gabbana bekannt, die diese höchstens von ihren Müttern kennen.“ Models sind längst mehr als nur fleischgewordene Kleiderständer. So hat Gigi Hadid beispielsweise als Co-Designerin von Tommy Hilfiger eine Kollektion herausgebracht. „Der neueste Coup ist nun, dass Kaia Gerber, die Tochter von Cindy Crawford und derzeit das Supermodel überhaupt, eine Kollektion gemeinsam mit Karl Lagerfeld für Chanel heraus bringen wird“, sagt die Expertin Resch.

Stardesigner Alexander Wang macht alles ganz anders

Die Modewelt unterliege momentan einem starken Wandel. Digitalisierung einerseits, aber auch Themen wie Nachhaltigkeit, Gender, Schönheitsideale oder neue Vermarktungsstrategien wie das „See-now-buy-now“-Konzept, bei dem man die Laufstegkollektionen unmittebar im Anschluss an die Präsentationen kaufen kann, verändern die Branche laut Sabine Resch grundlegend. Der Versuch der Designer, ihre Kollektionen an ungewöhnlichen Orten in New York zu präsentieren ist eine Konsequenz daraus. Einen ganz anderen Weg schlägt der New Yorker Stardesigner Alexander Wang ein: Der Mode-Revolutionär bleibt zwar der Stadt treu, will aber nach dieser Fashion Week seine Schauen fern des offiziellen Kalenders laufen lassen. Wang kündigte seine eigene Fashion Week mit Events im Dezember und Juni an.