Während die Bewohner von Manhattan nach dem Hurrikan Sandy langsam wieder in den Alltag zurückfinden, herrscht in den Außenbezirken noch immer das blanke Chaos.

New York - Manhattan wirkt vom Rockaway Point Boulevard aus zum Greifen nahe. Die hell erleuchteten Türme der Skyline ragen direkt vor einem in die kristallklare Dämmerung eines frostigen Herbstnachmittags. Und doch könnte die Stadt – von hier aus gesehen – genauso gut auf einem anderen Planeten liegen. Das Leben in Manhattan geht wieder seinen gewohnten Gang. Die U-Bahnen sind wieder in Betrieb, der Amüsierbezirk Downtown hatte rechtzeitig zum Freitagabend wieder Strom und auch die letzten der knapp 200 000 Menschen, die fünf Tage im Kalten saßen, hatten es zu den ersten kalten Tagen des Jahres wieder warm.

 

„Wir leben hier wie Höhlenmenschen“

Hier draußen, auf der schmalen Halbinsel am äußersten Ende von Brooklyn, herrscht hingegen noch immer der Ausnahmezustand. Auf dem alten stillgelegten Flugplatz unmittelbar vor der Jamaica Bay landen den ganzen Tag lang Militärhubschrauber mit Hilfsgütern. Das Rote Kreuz hat auf einer Startbahn eine Zeltstadt aufgebaut. In den Wohnsiedlungen der Rockaways sind die Menschen dabei, aus ihren überschwemmten Häusern verfaulte Möbel, Kühlschränke, ja sogar die Reste eingestürzter Mauern abzutransportieren. Noch immer ist nicht abzusehen, wann die Heizung und der Strom wieder anspringen. Den Menschen mangelt es am Nötigsten, doch weder das Rote Kreuz noch die nationale Katastrophenbehörde Fema können den dringendsten Bedarf ausreichend zu decken. Private Hilfsaktionen mussten einspringen, um Kleider und Decken zu verteilen.

„Wir leben hier wie Höhlenmenschen“, sagt eine Anwohnerin, während sie sich an einer Hilfsstation für die kalte Nacht Decken abholte. „Die haben uns vergessen.“

Richtet sich die Hilfe nach dem sozialen Status?

Langsam macht sich das Gefühl breit, dass sich, wie schon beim Hurrikan Katrina, die Hilfe nach Klassenzugehörigkeit richtet. Das reiche Manhattan wurde rasch wiederhergestellt, der Rest kann warten. In Arbeitergegenden wie den Rockaways, Red Hook und Staten Island, lief die Hilfe von den Behörden und den Hilfsorganisationen hingegen nur schleppend an.

Doch unterdessen wächst die Gefahr, dass das reiche Manhattan doch noch die Folgen von Sandy zu spüren bekommt. In vielen der noch immer kalten, dunklen und von Flutschäden betroffenen Wohnsiedlungen werden die Zustände so untragbar, dass die Evakuation von bis zu 40 000 Menschen bevorstehen könnte. Der Bürgermeister Michael Bloomberg gab zu, dass es für die Stadt „eine enorme Herausforderung“ wird, die Menschen unterzubringen.