Der 36-jährige Star-Quarterback Aaron Rodgers von den Green Bay Packers ist nicht mehr ganz so gut, wie er einmal war. Dafür hatte er selten ein besseres Team um sich. Reicht es zum Super-Bowl-Einzug?

Stuttgart - Kein kluger Mensch hat jemals gewünscht, jünger zu sein. Ob der Footballspieler Aaron Rodgers dieses Zitat des großen irischen Schriftstellers Jonathan Swift („Gullivers Reisen“) kennt, ist nicht bekannt. Fakt ist, der Star-Quarterback der Green Bay Packers aus der US-Profiliga NFL hat mit seinen 36 Jahren die Chance, seine einzigartige Karriere mit einem zweiten Meistertitel nach 2011 zu krönen. Obwohl er das wohl schwächstes Jahr seiner Laufbahn hinter sich hat. Obwohl in den laufenden Play-offs gleich eine Handvoll junger Spielmacher zeigten und zeigen, wem die Zukunft in Amerikas Volkssport gehört.

 

Rodgers ist der „Last man standing“

Tom Brady (42) und seine New England Patriots? Ausgeschieden. Drew Brees (41) und die New Orleans Saints? Ebenfalls raus. Philip Rivers (38) und die Los Angeles Chargers waren gar nicht erst dabei, als es in den Play-offs der 100. NFL-Saison Ernst wurde. Die Quarterbacks, die seit über einem Jahrzehnt die Football-Schlagzeilen beherrschten, sind also nicht mal mehr Nebendarsteller im Saisonendspurt. Die vier Spielmacher in den Halbfinals um den Einzug in den Super Bowl am 2. Februar in Miami heißen: Jimmy Garoppolo (28), Patrick Mahomes (24), Ryan Tannehill (31) und eben Aaron Rodgers. Einzig der Routinier aus Green Bay stand schon in einem Super Bowl.

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In der Nacht auf Montag (0.40 Uhr/Pro 7) trifft Rodgers auf die favorisierten San Francisco 49ers um Spielmacher Garoppolo. Ende November mussten die Packers eine herbe 8:37-Klatsche gegen die 49ers hinnehmen. Es war die dritte und bis dato letzte Saisonniederlage der Mannschaft von Trainer Matt LaFleur, der erst vor dieser Saison den langjährigen Packers-Coach Mike McCarthy abgelöst hatte. Rodgers verkündete nach der Schlappe: „Es ist Zeit, die Führung zu übernehmen und im Dezember heiß zu laufen.“

In der regulären Saison gab es eine Klatsche gegen San Francisco

Gesagt, getan. Es folgten fünf Siege in Folge, der Einzug in die Play-offs – und am vergangenen Wochenende räumten die Packers außerdem auch noch Angstgegner Seattle Seahawks aus dem Weg. „Nicht immer schön anzusehen“ seien die Siege in der regulären Saison gewesen, gab Rodgers zu. Aber gegen die Seahawks zeigte der zweimalige MVP (wertvollster Spieler der Saison), was ihn in der Zeit seiner Karriere auszeichnete: Präzision, gerade in Drucksituationen. Fehler unterliefen ihm so gut wie nie – sein Verhältnis von Touchdowns zu Ballverlusten ist in der NFL-Geschichte unübertroffen. Zudem läuft er seit einem Jahrzehnt in den Play-offs zur Hochform auf.

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Dass es für Rodgers seit 2005 dennoch nur zu einem Titel reichte, lässt sich an zu schwachen Mitspielern und zu starken Konkurrenten festmachen. Umso erstaunlicher ist es, dass die Green Bay Packers in diesem Jahr zu den Mitfavoriten auf den Titel zählen, obwohl Rodgers in den meisten statistischen Kategorien so schwach abschnitt wie nie zuvor. Das Alter, es scheint auch an einem Ausnahmekönner nicht spurlos vorbeizugehen.

Früher war die Defensive die Schwachstelle der Packers

Die Defensive der Packers – in den vergangenen Jahren oft die Achillesferse des Clubs – ist mindestens solide. Aaron Jones, der die Last im Laufspiel schultert, gehört zu den Besten auf seiner Position als Runningback. So reichte den „Cheeseheads“ – so lautet der Spitzname der Packers – meistens ein solider Rodgers, um Spiele zu gewinnen. Ob das allerdings auch gegen die 49ers reichen wird, bezweifeln viele Experten. Für Passempfänger Davante Adams, der gegen die Seattle Seahawks mit 160 Yards Raumgewinn einen neuen Play-off-Rekord für die Packers aufstellte, ist das jedoch kein Problem. „Aaron kann uns auch dieses Jahr durch die Play-offs führen“, ist der 27-Jährige sich sicher.

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„Er will definitiv noch einen weiteren Super Bowl gewinnen“, sagt Adams vor dem Showdown in der Nacht auf Montag weiter und fügt an: „Aaron hätte es verdient. Deswegen tun wir alles in unserer Macht, ihn nochmals in diese Position zu bringen.“ Der Unterschied zu früher ist, dass Rodgers Team auch in der Lage ist, ihn im Herbst seiner Karriere an einem schwachen Tag einmal aus der Bredouille zu holen.

Kommt der Play-off-Rodgers zum Vorschein?

Da sich der Star-Quarterback als echter Teamplayer versteht, käme er auch damit klar, wenn ihn einer seiner Mitspieler mit einer überragenden Leistung zum Super Bowl führt. Oder kommt doch noch mal der Play-off-Rodgers zum Vorschein? Jedenfalls müsste der 36-Jährige sich in beiden Fällen nicht ansatzweise wünschen, noch mal ein paar Jahre jünger zu sein.