Traumatisierte Kriegsveteranen haben Konjunktur. So dreht sich auch Nicholas Petries Thriller „Drifter“ um dieses Thema. Allerdings hat das Buch eindeutig mehr Schwächen als Stärken.

Lokales: Hans Jörg Wangner (hwe)

Stuttgart - Der Veteran hat seine Schuldigkeit getan, der Veteran kann sehen, wo er bleibt - wahrscheinlich gibt es auf der ganzen Welt kein Land, das seine Kriegsheimkehrer anständig behandelt. Um dieses Thema dreht sich der Thriller „Drifter“ von Nicholas Petrie. Nur ist das Ergebnis mehr gut gemeint als gut gemacht.

 

Traumatisierte Veteranen geben aus guten Gründen viel Stoff für Reportagen, Romane und Filme her. Sie haben für ihr Land gekämpft, oft großes Leid über andere und über sich selbst gebracht - um dann in der Heimat mehr oder weniger sich selbst überlassen zu bleiben. Die Gesellschaft will nichts mit ihnen zu tun haben, die Politik gibt, etwas polemisch gesagt, ihr Geld lieber für neue bewaffnete Konflikte aus. Nur langsam scheint es einen Bewusstseinswandel zu geben, unter anderem weil immer mehr Autoren die Problematik aufgreifen.

Panikattacken in geschlossenen Räumen

Zu diesen Schriftstellern gehört der US-Amerikaner Nicolas Petrie, der in seinem Thriller „Drifter“ die Geschichte von Peter Ash erzählt. Ash hat als Leutnant im Irak und in Afghanistan gekämpft, zurück in den USA meidet er die Menschen und vor allem geschlossene Räume, weil er dort Panikattacken bekommt.

Als er erfährt, dass sich sein Freund und früherer Sergeant Jimmy umgebracht hat, verlässt Ash die Einsamkeit der Berge, um der Witwe und ihren beiden Söhnen beizustehen. Doch beim Renovieren ihres Hauses stößt er nicht nur auf einen bissigen Hund, sondern auch auf 400 000 Dollar in bar sowie ein paar Platten Plastiksprengstoff.

Ob es am Ende kein Suizid, sondern ein Mord war? Ash forscht nach und kommt einer üblen Sache mit noch viel übleren Typen auf die Spur.

Holzschnittartige Figuren

Petrie strickt daraus einen konventionellen Thriller mit holzschnittartigen Figuren (der mutige Held, die toughe Witwe, der psychopathische Multimillionär, die patente Ex-Hubschrauberpilotin . . .) und ebensolcher Sprache („die Pistole locker in der Hand wie fucking Wyatt Earp“). Kommt hinzu, dass mit gebetsmühlenhafter Penetranz von einer „10-Gauge-Flinte“ die Rede ist. Diese verkehrte Eins-zu-eins-Übersetzung aus dem Amerikanischen (man würde ja auch nicht „10-Größe-Flinte“ sagen) nervt irgendwann nur noch. Und der Showdown – wird die Bombe nun hochgehen oder nicht? – zieht sich so, dass man sich nach einem echten Hochspannungsthriller (wie etwa Jesper Steins „Bedrängnis“) von Seite zur Seite mehr sehnt.

Nicholas Petrie: „Drifter“, Thriller, Aus dem amerikanischen Englisch von Thomas Stegers, suhrkamp taschenbuch 4679, Klappenbroschur, 414 Seiten, 14,99 Euro, auch als E-Book.