Jetzt hat auch der VfB Stuttgart seinen Messi, zumindest im Kleinformat. Der Deutsch-Argentinier Nicolas Sessa blüht in der zweiten Mannschaft auf – vielleicht auch im Regionalliga-Derby am Samstag bei den Kickers.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Stuttgart - Die wahre Größe zeigt sich auf dem Platz. Im Alltag fällt Nicolas Sessa nicht groß auf mit seinen 1,70 Metern. Doch wenn er die Fußballschuhe schnürt, ändert sich das schlagartig. Vor allem seit er beim VfB Stuttgart II spielt, der am Samstag zum Derby bei den Kickers antritt. „Ich glaube, die letzten drei Spiele hat der VfB alle verloren“, sagt Tausendsassa Sessa und deutet durch seinen Tonfall an: Das soll sich ändern.

 

Seit Sessa in der Winterpause vom Ligarivalen Hoffenheim II gekommen ist, ging es aufwärts. Bei der Mannschaft, aber speziell bei ihm. 13 Spiele, elf Tore, drei Vorlagen, das kann sich schon mal sehen lassen. Und hat wohl auch Chefcoach Hannes Wolf beeindruck. Jedenfalls stand der 21-Jährige beim ersten Bundesligaspiel in Berlin plötzlich im Kader. „Das war ein unglaubliches Gefühl.“ Und ein erster Lohn, der nächste soll folgen. Wenn auch eher wieder im Regionalliga-Team. Dort ist er förmlich aufgeblüht, vielleicht auch weil er mehr auf seiner Wunschposition spielen kann. Der Kickers-Trainer Tomasz Kaczmarek hat erkannt: „Er spielt so einen falschen Neuner, wie Messi.“ Das Stichwort, sein Vorbild. „Ganz klar“, betont der, man höre, Real-Madrid-Fan.

Die Familie ist Argentinien-Fan

Sessa ist zwar in Stuttgart geboren, aber die Eltern stammen aus Argentinien. Das färbt ab. Die ganze Familie – zu der noch zwei Brüder und eine kleine Schwester zählen – ist Fan der Albiceleste, wie das Team genannt wird. Vater Marcelo kannte einen Zeugwart und Physiotherapeuten der Fußball-Nationalmannschaft. So bestand stets Kontakt, auch als Messi erstmals im Nationaltrikot spielte und gleich nach seiner Einwechslung die Rote Karte sah. Damals 2005 in Budapest, als Nicolas Sessa neun Jahre alt war. „Das war ein unvergesslicher Moment“, als die Familie nach dem Spiel mit dem Idol im Hotel saß. Die Fotos haben zu Hause einen Ehrenplatz.

Vater Sessa kam nach Deutschland, um Profi zu werden. Doch zwei Kreuzbandrisse machten einen Strich durch die Karreire. Die Arbeit im Soccer-Olymp in Fellbach war da nur ein kleiner Trost, aber für seine drei Jungs eine große Chance. „Wir haben dort unsere ganze Freizeit verbracht“, sagt der VfB-Spieler. „Da hat man viel gelernt“ – auch ohne Trainer. Weil der Ball dank der Bande in der Halle immer im Spiel war. „Da musste man schnell eine Lösung finden.“ Das hat sich ausbezahlt.

Über Fellbach, Waiblingen, Gmünd und Reutlingen landete er beim SGV Freiberg, wo es zu einem Schlüsselerlebnis kam. Als der „Mini-Messi“ im Spiel gegen Hoffenheim seinen Gegenspieler fast schwindlig spielte, fiel er auch dem damaligen B-Jugend-Trainer auf: einem gewissen Julian Nagelsmann. Der hat einen Blick für Talente und holte seinen „Gaucho“ nach Hoffenheim.

Meister mit Hoffenheims A-Jugend

Dort wurde er mit der A-Jugend Meister und Vizemeister und landete in der zweiten Mannschaft. „Doch irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es nicht so lief, wie ich mir das vorgestellt habe.“ Vor allem mit dem Toreschießen haperte es. „Das hebe ich mir für die Rückrunde auf“, sagte er damals in einem Interview – und behielt recht. Mit dem kleinen, aber feinen Unterschied, dass er inzwischen für den VfB spielte. Da hat es plötzlich klick gemacht – und keiner weiß so recht, warum. „Vielleicht weil ich hier bei der Familie bin“, sucht er nach einer Erklärung.

Seine Technik ist brillant, der Torriecher ausgeprägt. Nur die körperliche Stärke fehlt dem schmächtigen Offensivmann. „Man braucht auch solche Spielertypen“, sagt Sessa selbstbewusst, obwohl er zugibt: „Der Übergang von der Jugend in den Aktivenbereich war schon groß. Wegen der Härte mancher Gegenspieler.“ Doch da muss man durch, wenn man Ziele hat. Die sind klar vor Augen: Fußball-Profi, am liebsten beim VfB. Und Nationalspieler: am liebsten für Argentinien.

„Aber natürlich würde ich auch für Deutschland spielen“, sagt der Spieler, der das Fachabitur und eine Doppelstaatsbürgerschaft besitzt. 2013 hat es schon für ein Länderspiel in der U 18 gereicht – und für ein Tor. „Er ist wahrscheinlich der Spieler mit dem feinsten Fuß der Liga“, lobt Kaczmarek. Wenn dem am Samstag auch ein Treffer gelingen sollte (und damit vielleicht der Sieg) gegen die Blauen, wird er familien-intern übrigens keine Probleme mehr bekommen. Sein jüngerer Bruder Kevin ist im Sommer von den Kickers nach Heidenheim in die U 19 gewechselt. Zu einem Bruder-Duell im Derby wird es also nicht mehr kommen.

VfB Stuttgart II - Regionalliga

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