Gerade mal noch 200 Studenten im Semester nehmen in den Niederlanden das Studium der Niederlandistik auf. Das wird nicht reichen, um in der Zukunft alle mit Sprache und ihren Regeln und Schönheiten zu versorgen. Dafür zeigen auf einmal die Ungarn und Polen viel Interesse am Niederländischen.

Manteldesk: Mirko Weber (miw)

Amsterdam - Mitte März feiert die Niederlandistik an der Kölner Universität ihr 100-jähriges Jubiläum. „In samenwerking met de Koninklijke Academie voor Nederlandse Taal en Letteren“, in Kooperation mit der Königlichen Akademie für Sprache und Literatur also, gibt es anlassgemäß Rezitationen aus dem niederländischen Poesie-und Prosakanon. Eine erfreuliche Entwicklung, schließlich war es selbst in Grenzregionen lange Zeit nicht selbstverständlich, dass Deutsche Niederländisch lernten (nicht Holländisch im Übrigen, wie es umgangssprachlich heißt, das Holländische ist ein Dialekt des Niederländischen). Frühere Generationen setzten hierzulande oft stillschweigend voraus, dass die Nachbarn ihnen mit Deutsch entgegenkämen.

 

Angebot in Amsterdam gestrichen

Mittlerweile ist im Dialog, wenn es mit der einen oder anderen Sprache hapert, stets Englisch die Lösung, wie überall auf der Welt. Doch fangen mit der durchgängigen Englischsprachigkeit andere Probleme an. Die Niederländer, zahlenmäßig ein eher kleines Volk von 17 Millionen, kümmern sich nur noch wenig um ihre eigene Sprache. Im laufenden Semester sind national ganze 200 Studenten für das Fach Niederlandistik eingeschrieben, das man in Leiden, Utrecht oder Groningen studieren kann. In Amsterdam, dem Sitz der erwähnten Königlichen Akademie, wird das Angebot ganz gestrichen: Sechs Dozenten für sechs Lernende seien der Öffentlichkeit nicht vermittelbar, heißt es. Nur zum Vergleich: die Ludwig Maximilian Universität ohne Germanistik? Unvorstellbar.

Nachwuchs aus Polen

Was auf den ersten Blick „een beetje triest“, also traurig anmutet, wie jetzt doch auch viele Niederländer meinen, hat indes eine kleine internationale Kehrseite. Nicht nur in Deutschland und Frankreich steht Niederländisch im Haupt- oder Nebenfach vergleichsweise hoch im Kurs – stark zugenommen hat die Attraktivität des Fachs vor allem in Polen und Ungarn, wo sich laut der amtlichen Organisation Taalunie (Sprachunion) jeweils mehr als 600 Studierende eingeschrieben haben. Gut möglich, dass eine kommende Lehrergeneration zu Teilen aus dem Osten stammen wird, wo man die weltoffene und soziale Art der meisten Niederländer, die eben auch auf deren Sprache gründet, aus nachvollziehbaren Gründen zu schätzen weiß.