Der französische Präsident François Hollande gibt sein Vorhaben auf, mit einer Verfassungsreform dem IS-Terror rechtlich zu begegnen. Der umstrittene Entzug der Staatsbürgerschaft für verurteilte binationale Terroristen ist vom Tisch.

Paris - Das nach den Pariser Terroranschlägen vom 13. November angekündigte Vorhaben des französischen Präsidenten François Hollande, die Verhängung des Ausnahmezustands verfassungsrechtlich zu regeln und den Entzug der Staatsbürgerschaft für verurteilte, binationale Terroristen ins Grundgesetz aufzunehmen, ist endgültig gescheitert. „Ich habe beschlossen, die Verfassungsdebatte zu beenden“, sagte Hollande am Mittwoch. Dies sei kein Zeichen des Zurückweichens vor dem Terror: „Meinem Engagement, die Sicherheit des Landes zu gewährleisten, tut das keinen Abbruch“, fügte er hinzu.

 

Zuvor war ein letzter Versuch des Sozialisten gescheitert, den mehrfach modifizierten Reformentwurf in Gesprächen mit den Präsidenten von Nationalversammlung und Senat zu retten, sprich: der Verfassungsänderung zumindest die Chance auf die zur Verabschiedung notwendige Dreifünftelmehrheit der gemeinsam tagenden parlamentarischen Kammern zu eröffnen. Doch die den Senat kontrollierende konservative Opposition winkte definitiv ab.

Einer ersten Version, wonach der Entzug der Staatsbürgerschaft allein Bürgern drohen solle, die neben der französischen noch eine andere Nationalität besitzen, hatten die vom früheren Staatschef Nicolas Sarkozy geführten Republikaner noch ihren Segen gegeben. Die von den die Nationalversammlung kontrollierenden Sozialisten letztlich verabschiedete zweite Fassung, die wegen Terrorismus verurteilten Franzosen unterschiedslos den Verlust der Nationalität in Aussicht stellt, lehnten die konservativen Senatoren dagegen ab.

Sorge um Einwanderer als Bürger zweiter Klasse

Allein wegen des ohnehin bis 26. Mai verlängerten Ausnahmezustands beide Parlamentskammern einzuberufen und das Grundgesetz zu ändern sei unverhältnismäßig, ließen die Republikaner noch wissen. Was Hollande zum Anlass nahm, der Opposition eine zutiefst bedauernswerte Feindseligkeit gegenüber jedweder Verfassungsänderung zu attestieren. Beendet ist damit auch eine viermonatige, bisweilen chaotische Züge annehmende Debatte über das Selbstmordattentäter sicher wenig beeindruckende Ansinnen, ihnen im Fall einer rechtskräftigen Verurteilung die Staatsbürgerschaft abzuerkennen. Als Erstes waren sozialistische Parteifreunde des Präsidenten auf die Barrikaden gegangen. Angeführt von der im Januar aus Protest gegen die geplante Verfassungsänderung zurückgetretenen Justizministerin Christiane Taubira rügten die Genossen eine Regelung, die „Einwanderer zu Bürgern zweiter Klasse“ mache. Taubira und ihre Mitstreiter verwiesen darauf, dass es nach internationalem Recht unzulässig sei, jemanden durch Aberkennung der Nationalität zu einem Staatenlosen zu machen. Womit die Neuerung letztlich allein Immigranten und deren Nachfahren treffen würde, die neben der französischen Staatsbürgerschaft auch die der Eltern besäßen.

Um die Verfassungsänderung zumindest im eigenen Lager durchzusetzen, änderte die Regierung den Reformentwurf dahingehend, dass allen Bürgern im Fall einer Verurteilung wegen Terrorismus der Verlust der französischen Nationalität drohen solle. Nun protestierten die Konservativen. Einer Regelung, die Staatenlose hervorbringe, wollten sie nicht zustimmen.