Jahrelang soll der Pfleger Niels Högel Patienten ermordet haben. Jetzt haben die Ermittler ihn wegen einer weiteren Tat angeklagt. 104 Morde soll er insgesamt begangen haben. Wird sich die genaue Zahl jemals klären lassen?

Oldenburg - 104 Menschen soll der verurteilte Patientenmörder Niels Högel umgebracht haben - und damit einen mehr als bisher bekannt. Die Medizinische Hochschule Hannover habe einen Fehler bei der Übermittlung von Untersuchungsergebnissen gemacht, sagte der Oldenburger Oberstaatsanwalt Martin Koziolek am Donnerstag. Die Staatsanwaltschaft klagte Högel wegen Mordes in 98 Fällen an. Für sechs Taten musste sich der Ex-Pfleger bereits vor Gericht verantworten, er sitzt seitdem lebenslang im Gefängnis.

 

Högel hatte seinen Patienten eigenmächtig Medikamente gespritzt, die tödliche Nebenwirkungen hatten. Anschließend versuchte er seine Opfer wiederzubeleben, um Kollegen sein Können zu beweisen. Die Ermittler hatten in den vergangenen Jahren mehr als 130 Gräber auf Friedhöfen in der Region und im Ausland öffnen und Gewebeproben entnehmen lassen. Die Hannoveraner Toxikologen untersuchten diese auf Rückstände von Medikamenten und wurden in vielen Fällen fündig.

Im Oktober steht Högel erneut vor Gericht

Im Fall einer Delmenhorster Patientin teilten sie aber versehentlich ein negatives Ergebnis mit. Inzwischen hätten sie dieses korrigiert und auch die Ergebnisse der anderen Patienten auf Fehler kontrolliert, sagte Oberstaatsanwalt Koziolek. „Es war nur ein Fall.“ Die Polizei habe die Angehörigen der Frau bereits informiert. „Sie haben das ganz gut aufgenommen.“

Im Oktober steht Högel erneut vor Gericht, er wird wegen Mordes an 98 Patienten angeklagt. Die Staatsanwaltschaft ergänzte ihre Anklage aus dem Januar um den neuen Fall, das Landgericht muss darüber noch entscheiden.

Lange Zeit hatte Högel nur die sechs Taten eingeräumt, für die er in zwei Prozessen verurteilt worden war. Inzwischen hat er auch die übrigen Morde weitgehend gestanden. Nach Ansicht der Ermittler könnte er für den Tod von noch mehr Patienten verantwortlich sein. Viele der Toten wurden aber eingeäschert. Sie lassen sich nicht mehr auf Rückstände von Medikamenten untersuchen.