Trotz Pandemie ist der Nikolaus in den katholischen Gemeinden Stuttgarts unterwegs – gemäß den Hygienevorschriften und historisch gewandet.

Stuttgart - Der Nikolaus ist eine Gestalt mit widersprüchlichem Verhalten. Zum einen kommt er nächtens vorbei und hinterlässt unerkannt Gaben, wie sein historisches Vorbild, der Bischof von Myra aus dem 4. Jahrhundert, der der Legende nach Geld ins Fenster armer Schwestern legte. Zum anderen gehört der offizielle Besuch des bärtigen Herrn in Kindergärten und Schulen oder im Gottesdienst fest zu den Bräuchen der Vorweihnachtszeit.

 

Schon letztes Jahr bremste Corona viele Nikolausaktivitäten aus. „2020 mussten wir den Besuch in der Kirche absagen“, erinnert sich Daniel Betz, Pastoralassistent in St. Elisabeth. Die Lösung in diesem Jahr: Nikolaus unter freiem Himmel. Am 6. Dezember findet sich ein Double des Wohltäters an der Treppe zum Bismarckplatz ein. Im Bischofsgewand. „Es ist uns wichtig, dass der Nikolaus nicht im roten Kostüm erscheint, wie die Figur, die die Werbung etabliert hat“, sagt Betz. Einen weißen Rauschebart wird er tragen – und darunter einen Mund-Nasen-Schutz, zumindest, während er die Kinder beschenkt. Wer älter als sechs Jahre ist, muss ebenfalls Maske tragen. Betz rechnet mit 150 Besuchern.

Auch die Schokonikoläuse für die Senioren sind bischöflich gestaltet

Pfarrer Andreas Gälle braucht sich um die Kostümierung keine Gedanken zu machen. Allerdings legt er Wert darauf, dass die Schokonikoläuse, die Senioren in Pflegeheimen in Unter- und Obertürkheim bekommen, bischöflich gestaltet sind. Persönliche Besuche hätten nicht zur Debatte gestanden, so der Seelsorger von St. Urban. Er wird die kleinen Geschenke für die Heimbewohner vorab vorbeibringen, so dass sie am Nikolausabend verteilt werden können. Auch für ältere Menschen sei der Tag etwas Besonderes, ist sich Gälle sicher. Der kleine nahrhafte Gruß sei ein Zeichen, dass an sie gedacht werde. Pfarrvikar Walter Humm begibt sich am Nikolaustag in die vier katholischen Kitas des Stuttgarter Ostens und an die Raitelsbergschule. „Er wird auf den Hof kommen“, verrät Pastoralreferentin Mechthild Carlé. „Es sieht so aus, als könnten die Schüler dort klassenweise, mit Abstand und Maske sogar das Nikolauslied singen.“ Angeregt hat den bischöflichen Besuch eine Religionslehrerin. „Sie hatte mich angesprochen, ob wir der Schule ein Gewand ausleihen könnten“, erklärt Carlé. Im Osten verfügt man über vier Kostüme mit Mitra und Bischofsstab. Verleihanfragen sind daher nicht ungewöhnlich. „Als ich mit Pfarrer Humm sogar einen kompletten Nikolaus anbieten konnte, hat sie natürlich dankbar zugesagt“, sagt die Theologin und betont, man sei überzeugt dass besonders Kindern die festen Stationen im Jahresablauf nicht genommen werden dürften. Einrichtungen würden ermutigt, Aktionen wie den Besuch vom Nikolaus auch unter den momentanen Hygienevorgaben durchzuführen.

Das historische Kostüm soll auch für die Botschaft des Nikolaus stehen

Und wie sind die Reaktionen auf das weniger volkstümliche, kirchlich verankerte Outfit? „Als mein Sohn mitbekommen hat, dass sozusagen der echte Nikolaus in die Schule kommt, meinte er, das sei gut. Letztes Mal sei das so ein alberner Weihnachtsmann gewesen“, schildert Mechthild Carlé ihre Erfahrungen. Daniel Betz ist sich sicher, dass das Kostüm auch der Botschaft zugutekommt: „Der heilige Nikolaus ist eine historische Person. Und die hat uns auch heute noch etwas zu sagen.“