Ein Ladenbesitzer in Soweto hat Jahre gebraucht, um herauszufinden, wie der ideale Weihnachtsmann aussieht. Jetzt kommen die Kindern in Scharen. Aber warum weinen sie so oft?

Johannesburg - Mark Kidd ist ein weißer Südafrikaner, der sich Gedanken macht. Vor vier Jahren eröffnete der 46-jährige Fotograf ein Studio in der Maponya Mall, dem ersten großen Einkaufszentrum in der vier Millionen Einwohner zählenden Johannesburger Schwarzensiedlung Soweto. „Ich wollte etwas anderes tun“, sagt Kidd. Er war der erste und einzige weiße Ladenbesitzer in der gesamten Mall.

 

Als Weihnachten kam, war ihm klar, dass er zum Fest der Liebe im Regenbogenstaat ein Signal setzen musste: Statt dem üblichen weißen Nikolaus, an den sich Südafrikas Kinder seit Jahrhunderten gewöhnt hatten, steckte er politisch hochkorrekt einen schwarzen Angestellten in die rote Tracht und platzierte ihn vor dem riesigen, in der Eingangshalle der Mall stehenden Plastikchristbaum. Für umgerechnet vier Euro konnten dort dunkelhäutige Eltern ihre dunkelhäutigen Kinder im Arm eines dunkelhäutigen Nikolaus fotografieren lassen. Das Geschäft lief schleppend.

Der bleiche Weihnachtsmann kommt gut an

Im Jahr darauf schlug die (schwarze) Mall-Leitung dem Fotografen vor, es doch mit einer Alternative zu probieren. Also steckte Mark Kidd zwei Angestellte in die rote Kluft: einen weißen und einen schwarzen. Das Geschäft lief etwas besser. Vor allem auf der Seite des helleren Nikolaus.

Im darauffolgenden Jahr forderte die Mall-Leitung den Fotografen auf, den Nikoläusen doch etwas mehr Gravitas, also Alter und Gewicht zu verschaffen. Mit spindeldürren Weihnachtsmännern sei auch – oder vor allem – in Afrika kein Staat zu machen. Mark Kidd gehorchte und stellte zwei dickere Nikoläuse ein. Das Geschäft lief gut, vor allem auf der Seite des voluminösen bleichen Weihnachtsmanns.

In diesem Jahr musste die Mall-Leitung kein Wort mehr verlieren. Mark Kidd wusste, was zu tun war. Er schlüpfte selbst in die rote Kluft, und weil der fortschrittliche Fotograf zwar ein fortgeschrittenes Alter, aber keinen eindrucksvollen Bauchumfang vorweisen kann, stopfte er mehrere Beutel Styroporkugeln ins Gewand. Jetzt brummt das Geschäft: „Schauen Sie mal beim ,Spar’ vorbei, wo noch immer ein schwarzer Nikolaus eingesetzt wird“, sagt Kidd lachend, „da ist es gähnend leer!“ Dass jeder zweite Knirps im Arm des Weihnachtsmanns zu weinen anfängt, hat laut Kidd nichts mit seiner großen Nase oder der weißen Haut zu tun: „Heulen bei Euch die Kinder denn nicht, wenn sie den Nikolaus sehen?“