Der SPD-Bundestagsneuling Nils Schmid erzählt von den ersten Monaten in der Bundeshauptstadt. Noch läuft nicht alles rund.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Nürtingen - Noch wohnt er in Berlin in einem Hotel. Überhaupt hat der ehemalige baden-württembergische Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid (SPD) in den ersten dreieinhalb Monaten in seinem neuen Beruf als Bundestagsabgeordneter gelernt zu improvisieren. Fest zugeteilte Büros wird es für die neu gewählten Abgeordneten erst dann geben, wenn sich eine wie auch immer geartete Regierung gefunden hat. Statt drei stehen ihm und seinen Mitarbeitern so derzeit nur zwei Räume in Paul-Löbe-Haus in Berlin zur Verfügung, die zudem nicht einmal miteinander verbunden sind. „Immerhin hat es schnell geklappt, einen Telefonanschluss und eine eigene Email-Adresse zu bekommen. Das ist heute doch wichtiger als feste Büroräume“, sagt Schmid und lacht.

 

Nils Schmid schaut lieber in die Zukunft

Im September ist der 44-Jährige als Nachfolger von Rainer Arnold in den Bundestag eingezogen. Von Arnold hat er auch die Tradition übernommen, zum Jahresbeginn mit Pressevertretern über seine Zeit in Berlin zu reden. In die Zukunft will er dabei vor allem schauen, wohl wissend, dass die Vergangenheit nicht unbedingt rühmlich für seine Partei gewesen ist. Die Entscheidung, gleich nach der Wahl eine Regierungsbeteiligung auszuschließen, sei „aus der damaligen Situation heraus richtig“ gewesen, sagt er. Nach dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen aber so zu tun, als seien Neuwahlen die richtige Lösung, das sei wohl ein Fehler gewesen. Die Parteien, also auch die SPD, hätten vom Wähler den Auftrag bekommen, eine Regierung zu bilden. Nun müsse man abwarten. Er sei sehr optimistisch, dass seine Partei und die CDU/CSU es besser als CDU, CSU, Grüne und FDP machen werden.

Schließlich habe das Regieren angesichts der Perspektive, wegen der boomenden Wirtschaft bis 2021 rund 45 Milliarden Euro ausgeben zu können, für ihn als politischer Gestalter einen hohen Reiz. Politisch möchte er sich aber nicht unbedingt um Zahlen kümmern. Den Wechsel nach Berlin habe er auch deshalb angestrebt, um politisches Neuland betreten zu können. Deshalb strebt er bei der Verteilung der Aufgaben in seiner Fraktion einen Sitz im Auswärtigen Ausschuss an.

Mehr Geld fürs Schienennetz im Wahlkreis

Wenn dann eine neue Regierung steht, will sich Schmid vor allem dafür einsetzen, dass in seinem Wahlkreis Nürtingen mit Hilfe von Bundesgeldern das Schienennetz ausgebaut wird. Wobei ihm in ferner Zukunft auch der Ringschluss von den Fildern ins Neckartal nach Esslingen vorschwebt.

Zudem will sich Schmid für den Ausbau des Ganztagsgrundschulangebots im Kreis einsetzen, „denn da haben wir enormen Nachholbedarf“. Auch für die Digitalisierung der Schulen müsse sich seine Partei stark machen. Das dafür versprochene Geld – fünf Milliarden Euro – müsse aber zunächst im Haushalt verankert werden. Das könne wiederum nur eine neue Regierung tun. Wenn die existiert, hat Schmid in Berlin übrigens eine feste Heimat: Von März an hat er eine Wohnung gemietet.