Ganz viel Gefühl im Saal und auf der Bühne: Selbst in der nur halb gefüllten Liederhalle haben die No Angels für massiven Kreischalarm bei ihren Fans gesorgt.
Betrachtet man das Comeback der No Angels tonträgerbezogen, so gelang Deutschlands bislang erfolgreichster Girlgroup mit der 2021er-Produktion „20“ fraglos ein Bestseller, der Platz eins der heimischen Albumhitparade belegte. Nicht ganz so rosig fällt hingegen die Resonanz auf Konzertebene aus. Lediglich 1600 Besucher wollen Sandy, Lucy, Nadja und Jess am Freitagabend im unbestuhlten Beethovensaal sehen – da ist also noch Luft nach oben.
Das überwiegend weibliche Publikum (aber das männliche, oft eher zwangsverpflichtet wirkende Begleitpersonal bleibt vergleichsweise gefasst) jagt das Stimmungsbarometer gleichwohl gewaltig in den roten Bereich und feiert den hundertminütigen Auftritt wie eine Wiederbegegnung mit allerbesten Freundinnen. Und die No Angels danken für zwei Jahrzehnte ungebrochene Fantreue überschwänglich zurück.
Girlgroup nicht immer ganz stimmfest
Warum genau man sich nun wieder so sehr aneinander freut, lässt sich rein sachlich freilich nur bedingt erklären. Denn neben ein paar flotten, von einer zu drei Vierteln weiblich besetzten Backing-Band gespielten Dancepop-Songs wie „Rivers of Joy“ sowie stimmungsvollen Coverversionen von Alison Moyets „All cried out“ und „There must be an Angel“ von den Eurythmics enthält das recht konventionell inszenierte Programm auch reichlich musikalische Dutzendware. Auch die oft nicht sehr stimmfesten Gesangspartien der No Angels sind nicht wirklich große Vokalkunst. Und dann wäre da noch der Mann am Mischpult, der scheinbar vergessen hat, den Höhenregler aufzuziehen, weswegen der Sound ziemlich stumpf und glanzlos bleibt.
Viel mehr als all das zählen an diesem Abend aber die Emotionen zwischen einer Band und ihren Fans, die Erinnerungen an die unbeschwerten Jugendtage der Nullerjahre und das warme Gefühl, auch zwanzig Jahre später noch da zu sein und einander wieder zu haben. Jeder Song, jedes Wort von der Bühne wird so zu wahrem Seelenfutter, das ganze Konzert quasi zu einem Happening für den Beethovensaal. So gesehen: ein durchaus passender Abend für Zeiten wie diese. Denn das Leben da draußen kommt derzeit schon kühl genug daher.