Nobelanwesen in Sindelfingen Die teuerste Villa im Landkreis ist wieder zu haben

Großzügiges Wohnen: die Villa Hollywood Foto: factum//Simon Granville

Die Superimmobilie trägt den Namen Villa Hollywood. Nun wird sie bereits zum zweiten Mal zum Verkauf angeboten. Für deutlich weniger Geld. Hat sie zuvor dem „Goldkönig“ gehört?

Der Name kommt nicht von ungefähr. Mit dem mächtigen frei schwebenden Glasquader, der Richtung Tal blickt, der stattlichen Treppe, dem breitschultrigen Grundriss und der strahlend weißen Fassade würde dieses Haus auch in Beverly Hills keine schlechte Figur machen. Der Ausblick kommt ebenfalls fast ran an den Tummelort der US-Prominenz: Von der obersten Hangkante der Stadt reicht die Sicht bis in den Schwarzwald und hinüber zur Alb. Auch wenn es nicht die Hügel bei Los Angeles sind, ein Touch Hollywood im Schwabenland ist garantiert – für Bewohner und Betrachter gleichermaßen.

 

Seit dem Jahr 2014 steht die Riesenvilla auf einem der schönsten Grundstücke in der Haydnstraße, der am höchsten gelegenen Wohnstraße der Stadt. Nur die Sindelfinger Klinik residiert noch eine Etage höher. Bauherr des Traumhauses, das wie ein Schiff am Waldrand liegt, ist ein ehemaliger IBM-Mitarbeiter, der in den 1980er Jahren mit der Gründung eines Softwareunternehmens in Stuttgart reich geworden ist.

640 Quadratmeter Wohnfläche – in fünf Zimmern

An Luxus ließ es der Mann daher nicht missen, als er dieses Haus plante. Auf das 27 Ar große Grundstück pflanzten die Architekten einen Wohntraum der besonderen Art: raumhohe Panoramaverglasung, Außenküche, Spa mit Wellnessbad und überdachtem Whirlpool, im Parkett versenkbarer Fernsehbildschirm, edelste Materialien, viel Licht und viel Luft – verteilt auf 640 Quadratmeter Wohnfläche in fünf Zimmern. Jede Menge Platz, um bequem zu wohnen und sich auch aus dem Weg zu gehen, wenn es sein muss.

Die Villa war weit oben auf der Liste der teuersten Häuser im Land

Bereits einige Jahre später hatte der Besitzer bereits wieder genug vom schönsten Wohnen in der Sindelfinger Halbhöhenlage. Für zwei Leute war das Raumprogramm dann doch zu üppig. Der Umzug in ein Penthouse war beschlossene Sache, die Villa Hollywood ein Fall für die Immobilienmakler. Für knapp zehn Millionen Euro gab es das Gebäude zu haben. Das Nobelheim katapultierte sich damit weit nach oben auf der Liste der teuersten Häuser im Ländle und fand auch einen Käufer.

Vor einigen Monaten ist auch der schon wieder zum Verkäufer geworden. Die Villa war erneut zu haben. Für 6,8 Millionen und damit fast 30 Prozent billiger. Gibt’s den Wohntraum nun zum Schnäppchenpreis?

Zurzeit dauert es etwas länger, bis Luxusprojekte Käufer finden

Wer sich für die Villa Hollywood interessiert, landet bei Michael Michelberger. Der Makler aus der Nähe von Ludwigsburg ist zuversichtlich, dass die Edelimmobilie demnächst die Besitzer wechselt. „Wir sind in der Endphase“, sagt er. Dass der Preis mittlerweile ein anderer ist, macht Michelberger auch an der aktuellen Situation fest. Der russische Überfall auf die Ukraine und eine allgemeine Verunsicherung machten sich bemerkbar und führten dazu, dass solche Luxusobjekte deutlich länger am Markt seien, bis sie einen Käufer fänden, betont er.

Mit München, Hamburg und Berlin kann Sindelfingen nicht mithalten

Laut Michelberger ist dies ein Phänomen, das in Baden-Württemberg ausgeprägter ist als woanders. „Hier ist man vorsichtiger“, sagt er. Entsprechendes Eigenkapital sei wichtig. Der Makler ist auch in München aktiv. „Dort“, erzählt er, „merken wir das nicht so.“ In der bayerischen Metropole seien die Preisabschläge deutlich geringer. Stünde diese Immobilie in München, wären dafür auch 18 Millionen zu erzielen, schätzt er. Ein Preis, der natürlich auch mit der Stadt zu tun hat, auf dessen Grund eine Immobile steht. „Sindelfingen“, sagt Michelberger, „ist halt nicht München, Hamburg und Berlin.“ Und auch nicht der Stuttgarter Killesberg, wo wohl auch noch die eine oder andere Million mehr drin gewesen wäre.

Ein paar Kilometer weiter, ein paar Millionen mehr? Diese Formel geht laut Immobilienexperten in diesem Preissegment bis zu einem gewissen Grad auf. Aber, sagt Oliver Goblirsch, „der Kunde muss auch zum Objekt passen“. Der geschäftsführende Gesellschafter der SIB-Suevia-Immobilien in Stuttgart-Degerloch weiß, wovon er spricht. Auch er hat einige Luxusanwesen im Kreis Böblingen im Angebot – unter anderem ein Penthouse auf dem Böblinger Flugfeld, die wohl teuerste Wohnung, die es im Landkreis derzeit zu kaufen gibt, und eine Villa in der Böblinger Mozartstraße. Objekte, die um die Gunst von Vorständen, vermögenden Selbstständigen oder Privatiers buhlen.

60 bis 70 Prozent weniger Anfragen seit Frühjahr 2022

Trotz Krise: Im Landkreis sind immer noch gute Immobilienpreise erzielbar

Auch bei diesen Angeboten zeigen die Preise in den vergangenen Monaten nach unten. Für Goblirsch sind diese Abschläge zurzeit „normal“. Wer so viel Geld investiert, weiß er, möchte auch wohnen, wie er es sich vorstellt, und sei nicht unbedingt zu Kompromissen bereit – erst recht in einer Zeit, in der der Markt unter Druck ist.

Oliver Goblirsch spürt diese Zurückhaltung bei den Käufern und berichtet von 60 bis 70 Prozent weniger Anfragen seit dem vergangenen Frühjahr. Für Goblirsch ist dies auch die Folge einer Verdoppelung der Finanzierungskosten aufgrund der gestiegenen Zinsen. Ein 30-prozentiger Preisverfall kompensiere diese Entwicklung nur, sagt er. Obwohl immer noch sehr viel Geld am Markt ist, seien auch solvente Kunden nicht bereit, jeden Preis zu bezahlen. Viele wichen ins Ausland aus – in die USA oder nach Dubai. Dort gebe es besser verfügbare Objekte und bessere Kredite. Ein Grund für Goblirsch, dass er dort mittlerweile ebenfalls aktiv ist.

Goldhändler soll mit Villa geprahlt haben

Dennoch sieht der Makler den Landkreis Böblingen weiterhin „eher positiv“. Dafür, dass Sindelfingen und Böblingen nicht zu den Top-7-Städten der Republik zählten, seien immer noch gute Preise zu erzielen. Dass ein Objekt wie die Villa Hollywood hier gebaut worden ist, wertet Goblirsch als „starkes Signal“ für den Standort, der mit seiner Abhängigkeit von der Automobilindustrie Chancen und Risiken zugleich aufweise.

Für Aufsehen hat die Villa Hollywood zuletzt nicht nur wegen ihrer optischen Pracht gesorgt. Die „Bild“-Zeitung berichtete, dass die Nobelimmobilie Harald Seiz gehört habe. Der gebürtige Calwer habe das Objekt einige Zeit besessen und mit dessen Besitz „geprahlt“, schreibt das Blatt. Der ehemalige Staubsaugervertreter gründete vor über zehn Jahren in Stuttgart die Firma Karatbars, ein Unternehmen, das – wie Medien berichten – Scheine mit eingearbeitetem Gold, sogenanntes Cash-Gold, verkauft hat und mit kleinen Goldbarren und Kryptowährungen handelte. Bald galt Seiz, der mittlerweile in Thailand leben soll, in der Branche als „Goldkönig“.

Die Villa steht derzeit nicht nur wegen ihrer optischen Pracht im Rampenlicht

Inzwischen ist Seiz ins Visier von Menschen geraten, die ihm vorwerfen, dass er sie geprellt hat. Es ist die Rede von bis zu 800 000 Betroffenen, die auf Geld warten, das sie bei dem 59-Jährigen investiert haben. Das Amtsgericht Stuttgart bestätigt, dass ein Haftbefehl gegen Seiz erlassen worden sei. Dort betont man jedoch, dass es sich nicht um einen strafrechtlichen Vorgang handle, sondern um eine zivilrechtliche Angelegenheit, die von einem Gerichtsvollzieher veranlasst wurde. Hintergrund sind wohl ausstehende Forderungen von Gläubigern.

Makler streitet Zusammenhang mit dem „Goldkönig“ ab

Michael Michelberger ärgert sich über diese Veröffentlichung. Dass Harald Seiz diese Villa besessen habe, sei falsch, versichert der Makler. Er handle im Auftrag einer Firma, die hier residiere, aber nichts mit Seiz zu tun habe. „Null Komma null, null, null“, bekräftigt Michelberger. Der Mann habe allerhöchstens einmal zum Interessentenkreis für diese Villa gehört, aber nie zu deren Eigentümern. Allerdings gibt es auch andere Erzählungen und Berichte von Leuten, die beobachteten, wie der Goldmann dort regelmäßig mit seinem Lamborghini ein- und ausgefahren ist.

Wie auch immer. Die Villa Hollywood wird all diese Irrungen und Verwirrungen überstehen und vielleicht diese Botschaft stolz zur Kenntnis nehmen: Oliver Goblirsch kann sich vorstellen, dass dieses Haus auch für 50 Millionen den Besitzer wechseln würde – wenn es dort stünde, wo es seinen Namen her hat.

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