Wie macht man in der Wissenschaft Karriere, wenn man nicht klar einem Fach zuzuordnen ist? Das fragt Daniel Häufle in einem Vortrag auf der Tagung der Nobelpreisträger in Lindau. Er nimmt sich selbst als Beispiel: Er hat zwar einen Doktorgrad in Physik, aber er arbeitet an der Universität Stuttgart am Institut für Sport- und Bewegungswissenschaft. Dort entwickelt er Computermodelle sich bewegender Menschen. Das Skelett, die Muskeln und Sehnen – all das wird in mathematische Gleichungen gepackt, die vorhersagen sollen, wie bestimmte Bewegungen zustande kommen. Mit einem solchen Modell könnte man Prothesen anpassen, Arbeitsplätze ergonomisch gestalten, sogar Crashtests simulieren. In dem Projekt kommen aber sehr unterschiedliche Fächer zusammen: etwa die Informatik und die Physiologie.

 

Das führt mitunter zu Missverständnissen, weil sich der Fachjargon unterscheidet. „Selbst ein Begriff wie Feedback oder Modell kann in verschiedenen Fächern unterschiedliche Assoziationen auslösen“, sagt Häufle. Für ihn ist ein Modell ein Satz mathematischer Gleichungen. In anderen Fächern werden aber auch abstrakte Zusammenhänge als Modell bezeichnet. Aber wenn man einmal zusammenkommt, eröffnen sich neue Perspektiven. Ein Physiologe beschreibe die Abläufe in Muskeln zum Beispiel oft in einer Art, die sich nicht direkt in mathematische Gleichungen umformen lasse, sagt Häufle. Aber das sei doch gerade eine schöne Herausforderung. „Wir bringen neue Fragen in die Physiologie und dadurch kann ein Mehrwert entstehen.“ Außerdem müsse man sich in Lindau nur umschauen: Viele Nobelpreisträger arbeiten an den Schnittstellen zwischen den Disziplinen – dort entstehen spannende Projekte.

Auch die Wissenschaft denkt zuweilen in Schubladen

Auf die Modellierung des Bewegungsapparats ist Häufle schon in seinem Studium gestoßen – eher durch Zufall bei einem Seminar während eines Auslandsaufenthalts in Kanada. Wie alle, die sich in Lindau zu Wort melden, liebt er sein Projekt. „Ich mache meine Arbeit gerne und würde sie gerne weitermachen“, sagt er. Aber auf diesem Weg wird er einige Hürden überwinden müssen.

Da gibt es die kleineren Schwierigkeiten, die Häufle zu der Kategorie „damit hat jeder zu tun“ zählt: Man muss zum Beispiel Förderanträge schreiben. Häufle berichtet von einer Absage, in der neben anderen Einwänden auch stand, dass man sich frage, ob Forscher aus der Sport- und Bewegungswissenschaft auch partielle Differentialgleichungen lösen könnten. In Lindau lacht das Publikum darüber, denn Häufle hat schließlich Physik studiert und für Physiker sind Differentialgleichungen leicht verdaulich. Mit dem Beispiel will Häufle zeigen, dass man oft schon nach seiner Institutsanschrift eingeordnet wird. Auch die Wissenschaft kennt Schubladen. Allerdings sei das nicht überall so: Häufle berichtet, dass es die Deutsche Physikalische Gesellschaft zum Beispiel begrüße, wenn er auf ihren Tagungen Veranstaltungen zur Biophysik anbiete.

Das Hauptproblem ist für Daniel Häufle die Aussicht auf eine Professur. Nach seinem Eindruck schreiben Fakultäten Professuren typischerweise für ihre Kernthemen aus, und sie erwarten von den Bewerbern einschlägige Erfahrungen in der Lehre. Als Mitarbeiter der Fakultät für Sozial- und Geisteswissenschaften der Universität Stuttgart könne er aber nicht ohne Weiteres Seminare in Physik anbieten, sagt Häufle. Und umgekehrt fehle ihm ein Sportstudium, um beispielsweise Sportdidaktik unterrichten zu können. Ob ein spannendes Forschungsprojekt genügt, um künftige Berufungskommissionen zu überzeugen? Daniel Häufle wird es versuchen. Aber er sagt: „Es ist nicht absehbar, dass ich in den nächsten Jahren eine Professur finde, auf die ich mich klar bewerben kann.“

Was kann ich denn gut? Diese Frage solle man sich stellen, empfehlen McKinsey, die Nobelpreisträger und auch einige junge Forscher. Eine Pflanzenforscherin aus Saudi Arabien berichtet, sie arbeite in einem interdisziplinären Team und fühle sich in keinem der Fächer wirklich zu Hause. Sie frage sich manchmal, was sie eigentlich richtig gut könne. Elizabeth Blackburn gibt sich damit nicht zufrieden und hakt nach. Schließlich sagt die junge Forscherin, ohne sie würden die Kollegen aus den unterschiedlichen Disziplinen gar nicht miteinander reden. „Da haben Sie es doch!“, ruft Blackburn. Sich in andere Fächer eindenken und daraus Profit ziehen zu können, sei eine wichtige Fähigkeit.

Dem stimmt auch Daniel Häufle von der Universität Stuttgart zu, der in Lindau über die Chancen und Risiken der interdisziplinären Arbeit referiert (siehe nächste Seite).

Eine Karriere außerhalb der Disziplinen?

Wie macht man in der Wissenschaft Karriere, wenn man nicht klar einem Fach zuzuordnen ist? Das fragt Daniel Häufle in einem Vortrag auf der Tagung der Nobelpreisträger in Lindau. Er nimmt sich selbst als Beispiel: Er hat zwar einen Doktorgrad in Physik, aber er arbeitet an der Universität Stuttgart am Institut für Sport- und Bewegungswissenschaft. Dort entwickelt er Computermodelle sich bewegender Menschen. Das Skelett, die Muskeln und Sehnen – all das wird in mathematische Gleichungen gepackt, die vorhersagen sollen, wie bestimmte Bewegungen zustande kommen. Mit einem solchen Modell könnte man Prothesen anpassen, Arbeitsplätze ergonomisch gestalten, sogar Crashtests simulieren. In dem Projekt kommen aber sehr unterschiedliche Fächer zusammen: etwa die Informatik und die Physiologie.

Das führt mitunter zu Missverständnissen, weil sich der Fachjargon unterscheidet. „Selbst ein Begriff wie Feedback oder Modell kann in verschiedenen Fächern unterschiedliche Assoziationen auslösen“, sagt Häufle. Für ihn ist ein Modell ein Satz mathematischer Gleichungen. In anderen Fächern werden aber auch abstrakte Zusammenhänge als Modell bezeichnet. Aber wenn man einmal zusammenkommt, eröffnen sich neue Perspektiven. Ein Physiologe beschreibe die Abläufe in Muskeln zum Beispiel oft in einer Art, die sich nicht direkt in mathematische Gleichungen umformen lasse, sagt Häufle. Aber das sei doch gerade eine schöne Herausforderung. „Wir bringen neue Fragen in die Physiologie und dadurch kann ein Mehrwert entstehen.“ Außerdem müsse man sich in Lindau nur umschauen: Viele Nobelpreisträger arbeiten an den Schnittstellen zwischen den Disziplinen – dort entstehen spannende Projekte.

Auch die Wissenschaft denkt zuweilen in Schubladen

Auf die Modellierung des Bewegungsapparats ist Häufle schon in seinem Studium gestoßen – eher durch Zufall bei einem Seminar während eines Auslandsaufenthalts in Kanada. Wie alle, die sich in Lindau zu Wort melden, liebt er sein Projekt. „Ich mache meine Arbeit gerne und würde sie gerne weitermachen“, sagt er. Aber auf diesem Weg wird er einige Hürden überwinden müssen.

Da gibt es die kleineren Schwierigkeiten, die Häufle zu der Kategorie „damit hat jeder zu tun“ zählt: Man muss zum Beispiel Förderanträge schreiben. Häufle berichtet von einer Absage, in der neben anderen Einwänden auch stand, dass man sich frage, ob Forscher aus der Sport- und Bewegungswissenschaft auch partielle Differentialgleichungen lösen könnten. In Lindau lacht das Publikum darüber, denn Häufle hat schließlich Physik studiert und für Physiker sind Differentialgleichungen leicht verdaulich. Mit dem Beispiel will Häufle zeigen, dass man oft schon nach seiner Institutsanschrift eingeordnet wird. Auch die Wissenschaft kennt Schubladen. Allerdings sei das nicht überall so: Häufle berichtet, dass es die Deutsche Physikalische Gesellschaft zum Beispiel begrüße, wenn er auf ihren Tagungen Veranstaltungen zur Biophysik anbiete.

Das Hauptproblem ist für Daniel Häufle die Aussicht auf eine Professur. Nach seinem Eindruck schreiben Fakultäten Professuren typischerweise für ihre Kernthemen aus, und sie erwarten von den Bewerbern einschlägige Erfahrungen in der Lehre. Als Mitarbeiter der Fakultät für Sozial- und Geisteswissenschaften der Universität Stuttgart könne er aber nicht ohne Weiteres Seminare in Physik anbieten, sagt Häufle. Und umgekehrt fehle ihm ein Sportstudium, um beispielsweise Sportdidaktik unterrichten zu können. Ob ein spannendes Forschungsprojekt genügt, um künftige Berufungskommissionen zu überzeugen? Daniel Häufle wird es versuchen. Aber er sagt: „Es ist nicht absehbar, dass ich in den nächsten Jahren eine Professur finde, auf die ich mich klar bewerben kann.“