Nach einem Monat ist die Liste der Bewerber für den SPD-Vorsitz kurz. Auch fehlen noch prominente Kandidaten. In der Partei wird darauf gehofft, dass Niedersachsens Ministerpräsident Weil sich für den Vorsitz interessiert. Doch bislang sieht es nicht danach aus.

Berlin - Es ist Halbzeit in der zweimonatigen Bewerbungsphase für mögliche SPD-Vorsitzende – und die Kandidatenliste ist bemerkenswert kurz. Auffällig ist auch, dass sich prominente SPD-Vertreter bisher zurückhalten. Bislang hat nur das Kandidatenduo aus Michael Roth, Europa-Staatsminister im Auswärtigen Amt, und der ehemaligen nordrhein-westfälische Familienministerin Christina Kampmann die erforderliche Nominierung von der Parteibasis erhalten.

 

Sie sei davon ausgegangen, dass es einen Monat nach Beginn des Prozesses schon mehr Bewerber gebe, sagte Kampmann am Mittwoch in Berlin. Ihr Mitbewerber Roth kritisierte das Abwarten anderer möglicher Kandidaten. „Der Wunsch nach einem Gespräch mit uns in der SPD ist ganz, ganz groß“, berichtete Roth. Ihre Kandidatur stoße auf viel Neugier und Zuspruch. „Wir spüren aber auch, dass es in der SPD eine gewisse Unruhe gibt und auch einen gewissen Unmut, warum wir denn immer noch alleine auf dem Felde stehen.“ Die SPD wünsche sich einen innerparteilichen Wettstreit.

Gabriel: SPD-Vorsitz wie ein „infektiöses Kleidungsstück“

Außer Roth und Kampmann haben bislang nur der als Gesundheitsexperte bekannte Vizechef der Bundestagsfraktion, Karl Lauterbach, und die Bundestagsabgeordnete Nina Scheer ihr gemeinsames Interesse an dem SPD-Vorsitz erklärt. Den beiden fehlt allerdings noch die Nominierung durch entweder fünf Unterbezirke, einen Bezirksverband oder einen Landesverband. Bis zum 1. September müssen Einzelkandidaten oder ausdrücklich von der kommissarischen Parteispitze gewünschte Bewerberduos ihre Kandidatur ankündigen und sich die Nominierung sichern. Danach sind nach jetzigem Stand 23 Regionalkonferenzen in ganz Deutschland geplant, auf denen sich die Bewerber der Partei vorstellen. Über die neue SPD-Spitze soll die Basis dann in einem Mitgliederentscheid abstimmen.

Angesichts des dünnen Bewerberfeldes beklagte der frühere SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel bereits, der Parteivorsitz werde „wie ein infektiöses Kleidungsstück behandelt“, das sich niemand ins Haus holen wolle. Der für die Organisation des Bewerbungsverfahrens maßgeblich verantwortliche SPD-Generalsekretär wird hingegen nicht müde zu betonen, dass er fest von weiteren Bewerbern ausgehe. In der Tat dürften einige potenzielle Kandidaten noch beobachten, wer außerdem seinen Hut in den Ring wirft, bevor sie sich selbst äußern. Dazu gehört auch Klingbeil selbst. Es wird spekuliert, dass der Niedersachse erst abwartet, ob der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil antritt.

Warten auf Weil

Weil zählt zu den prominentesten SPD-Vertretern, ihm werden großen Chancen auf den Parteivorsitz eingeräumt – wenn er den Posten denn überhaupt will. Der 60-Jährige betonte kürzlich, er habe in Niedersachsen „eine wichtige und schöne Aufgabe und keine Ambitionen auf einen Wechsel nach Berlin“. Das wurde von vielen als Absage verstanden, in der Partei geben sie aber die Hoffnung auf eine Bewerbung des Ministerpräsidenten noch nicht auf. Nachdem es zu Wochenbeginn in einem Zeitungsbericht hieß, Weil habe gegenüber der amtierenden Parteispitze seinen Verzicht auf eine Kandidatur erklärt und Klingbeil empfohlen, wurde dies im Willy-Brandt-Haus als Spekulation bezeichnet. Und Arbeitsminister Hubertus Heil, ebenfalls ein Niedersachse, betonte öffentlich ausdrücklich, er könne sich Weil „in einem starken Team sehr gut vorstellen“ an der SPD-Spitze. Weil selbst ließ den Bericht unkommentiert.