Nach zähen Wochen in den eigenen vier Wänden, genießen wir den Sommer jetzt im Freien. Die Stuttgarter sind wieder draußen unterwegs – und überall liegt Müll. Unser Autor würde am liebsten mal seinen Kehrwochen-Nachbarn auf Streife schicken.

Stuttgart – Sobald die ersten Sonnenstrahlen unseren Kessel erreichen, treibt es die Stadtkinder nach draußen. Raus an die mehr oder weniger frische Luft, raus in den Park, raus an die Plätze unserer Stadt. Und da geht das Problem auch schon los! Denn wer in diesen Tagen in Stuttgart unterwegs ist, der wird es sicher schon gesehen haben – Menschenmassen und Müll soweit das Auge reicht! Und das trotz Corona im sonst so ordentlichen Stuttgart. Was ist da los?

 

Was juckt mich der Dreck von gestern?

Egal ob am Feuersee, im Schlossgarten, am Marienplatz oder sogar im schicken Degerloch (ja, auch Champagnerflaschen müssen entsorgt werden) – die Stadt versinkt regelrecht im Müll! Deshalb frage ich mich, liebe Stuttgarter, ist das euer Ernst?

Sobald das Wetter besser wird, werden die Manieren vieler Leute offensichtlich schlechter. Anders lässt sich dieses Phänomen nicht erklären. Denn viele scheinen, sobald sie ihren kehrwochengepflegten Lebensraum verlassen, auch ihren Anstand daheim zu lassen. Und so landet der Müll an Stuttgarts Hotspots nicht in den dafür vorgesehenen Mülleimern, die übrigens nicht umsonst so heißen, nein, jeder lässt seinen Scheiss einfach irgendwo rumliegen. Irgendwer wird es schon wieder wegkehren. „Littering“ nennt man das im Cool-Kids-Jargon. Asoziales Verhalten nenne ich es.

Leute, was ist los mit euch? Ist es wirklich so schwer, dass sich jeder ein bisschen für unsere Plätze verantwortlich fühlt? Ist es wirklich so, dass jeder – im wahrsten Sinne – nur vor seiner eigenen Tür kehrt, auf öffentlichen Plätzen aber schön die Sau rauslässt?

Müll-Ausnahmezustand

Und so herrscht zum Beispiel am Marienplatz nach jedem sonnigen Tag und jeder lauen Nacht der absolute Müll-Ausahmezustand. Sonntagmorgen und man sitzt wortwörtlich auf einer Müllhalde, während ein paar Meter weiter Kinder zwischen Scherben, Zigarettenstummeln und auf den Boden geworfenen Eisbechern spielen. Das kann’s doch nicht sein!

Klar, die wenigen Mülleimer auf dem Platz quellen schon nach wenigen Stunden über. Aber das rechtfertigt doch noch lange nicht, dass jeder seinen Müll einfach irgendwo auf „Stuttgarts urbaner Betonwüste“ liegen lässt. Was juckt mich mein Dreck von gestern? Irgendwer wird das Chaos schon wieder beseitigen!

Fegen & Fury

Ja, der Sommer könnte an Stuttgarts beliebten und belebten Plätzen so schön sein. Fast ein bisschen wie Urlaub fühlt es sich dort an. Wäre da nicht das Meer aus Müll, das immer bedrohlicher an den Stammplatz im Condesa oder den Lieblingsplatz am Feuerseeufer heranwächst. Es ist eine Art Dominoeffekt. Überall in der Stadt. Sobald einer etwas liegen lässt, macht’s ein anderer nach.

Warum soll ich jetzt meinen Müll wieder mitnehmen oder – ganz verrückt – in den nächsten oder sogar erst übernächsten Mülleimer werfen? Die anderen machen es doch auch nicht! Aber Hauptsache wir schimpfen alle über das „böse“ Auto, die vielen Baustellen und die, ach, so dreckige Luft in Stuttgart.

Ja, dieser Müllwahnsinn in der Stadt regt mich auf. Fegen & Fury! Es ist einfach eine Schande, dass unsere Parks und Plätze von uns Stuttgartern selbst Tag für Tag so zurückgelassen werden.

Müll soweit das Auge reicht

Wie mich diese „Ich-lass-einfach-alles-liegen“-Mentalität ankotzt. Es ist irgendwie verrückt, bei mir daheim wird die berühmte schwäbische Kehrwoche akribisch von meinen Nachbarn überwacht. Und wehe da liegt auch nur ein Papierle auf dem Gehweg. Skandal, böser Zettel an der Haustür, großes Drama! Story of my life! Umso irritierender ist es, dass nur wenige Meter weiter, auf dem Marienplatz, eine Art Müllanarchie herrscht.

Klar, es ist super schön an lauen Frühlings- und Sommerabenden draußen zu sitzen, ein Bierchen zu trinken und zu chillen. Aber dann muss es doch möglich sein, dass man seinen Müll wieder mitnimmt? So schwer kann das nicht sein! Und auch die Stadt versucht das Chaos zwar irgendwie immer wieder zu beseitigen, schickt täglich Reinigungstrupps an unsere Plätze, aber das reicht offensichtlich nicht aus.

Corona und die öffentlichen Plätze

Gut, der Corona-Virus tut sein Übriges dazu. Wir gehen nicht mehr in Clubs, weniger in Restaurants und Bars. Das Leben hat sich bei warmen Temperaturen noch mehr als sonst auf die öffentlichen Plätze verlagert – mitsamt Getränken und Essen. Selbst wer alles ordnungsgemäß entsorgen will, findet oft nur überfüllte Mülleimer vor, weil die vorhandenen schlicht nicht mehr ausreichen.

Die Stadt hatte vor zwei Jahren bereits reagiert und neue Mülleimer mit einem Fassungsvermögen von je 240 Litern aufgestellt: Auf der Königstraße vor den Freitreppen, auf dem Kleinen Schlossplatz und am Marienplatz. Aber werden diese neuen Mülleimer auch wirklich angenommen? We doubt it! Denn das Problem liegt ganz klar im Verhalten derer, die sich zu fein sind, ihren Müll ordnungsgemäß zu entsorgen.

So spießig das klingt, so einfach ist es! Und in einer Stadt, in der „Parksünder“ 24/7 bestraft werden, sollte es doch auch möglich sein, irgendetwas gegen die ganzen „Müllsünder“ zu unternehmen? Alternativ würde ich einfach mal meine Kehrwochennachbarn auf Streife schicken – und glaubt mir, das wollt ihr wirklich nicht!