Unfassbarerweise stellt die portugiesische Ein-Mann-Band Noiserv erst jetzt ihr Album in Deutschland vor. Glücklich, wer am Montagabend im Zwölfzehn mitschwärmen durfte.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Eigentlich ist es unfassbar, dass der portugiesische Popmusiker Noiserv nicht früher in Deutschland vorgestellt wurde. Mehrere Alben hat der Lissabonner bereits veröffentlicht, sogar eine DVD – aber die waren entweder nur in Portugal selbst, als sündhaft teurer Import oder über die Bandcampseite des Künstlers erhältlich.

 

Was dem deutschen Publikum da bisher durchgegangen ist, zeigt eindrucksvoll das Konzert im Stuttgarter Club Zwölfzehn am Montagabend. Vor einem einigermaßen gut gefüllten Zuschauerraum hat David Santos alias Noiserv zum deutschen Tourauftakt diverse gewöhnliche und ungewöhnliche Instrumente um sich herum aufgebaut: Xylophon, Gitarre, Ritschratschkamera und Quetschkommode, diverse Tasteninstrumente und ganz viele Looper – also Geräte, mit denen man Akkordfolgen, Melodiebögen und vieles mehr aufnehmen und in Schleife wiedergeben kann. Erst dadurch wird ein Mann zur Ein-Mann-Band.

Tageträumer-Pop aus einem fernen Land

Das Besondere an der Liveshow von Noiserv ist, dass sein Einsatz der Looper sich vom Üblichen abhebt. Natürlich ist es der Technik geschuldet, dass Noiserv seine Songs episch aufeinander schichtet. Aber er macht das besser als andere: verliert sich nicht in perkussiver Vielschichtigkeit, sondern setzt auf einen warmen, weichen, herzerwärmenden Sound. Schickt auch mal irre Sounds in den Looper. Und bricht seine manchmal simpel gespielten, in der Summe technisch anspruchsvollen Songs mit bewusst verpeilt wirkenden Ansagen.

Dass er aus einem „fernen Land“ kommt, in dem man eine ganz eigene Art Englisch und nur ganz wenig Deutsch spricht, hilft: dieses Konzert ist auch eine südeuropäische Charmeoffensive. Ohnehin haben Popmusiker aus Italien, Spanien, Portugal oft diese von sanfter Melancholie durchzogene, manchmal ein bisschen naiv Leichtigkeit. Aber sie machen das ganz bewusst, es ist (fast) keine Pose – und so macht auch Noiserv letztlich Musik für aufgeklärte Tageträumer.

Einige Konzertgäste setzten sich dazu auf die für die Ein-Mann-Band zu große Bühne. Klar: Noiserv wäre auch was für die überaus vitale Stuttgarter Wohnzimmerkonzert-Szene. Er spielt an diesem Montagabend aber eben im Zwölfzehn und wird für ein dann gewiss deutlich größeres Publikum wiederkommen.


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