Mit dem Lumia 1020 und seinem 41-Megapixel-Bildsensor kündigt Nokia die „Revolution in der Smartphone-Fotografie“ an. Wir haben uns das Windows-Phone-Smartphone und seine Kamera genauer angeschaut. An der Kamera haben wir wenig auszusetzen, aber ...

Stuttgart - Nokia war über mehrere Jahre hinweg der größte Handyhersteller der Welt, verpasste dann aber den Anschluss ins Smartphone-Zeitalter. Während Apple und Google den Markt zu dominieren begannen, war Nokia noch immer auf der Suche nach der richtigen Strategie. Mit der Lumia-Reihe, insbesondere dem neuen Lumia 1020, haben die Finnen inzwischen ihr Steckenpferd gefunden: die Smartphone-Fotografie.

 

Das Nokia Lumia 1020 – Fotografieren mit 41 Megapixeln

Die Basisdaten des neuen Windows Phone-Smartphones von Nokia lesen sich wie bei jedem anderen Gerät dieser Preisklasse: 4,5-Zoll-Bildschirm (11,4 cm) mit 1280 x 768 Pixel, 1,5 GHz Dual-Core-Prozessor, wahlweise 32 GB oder 64 GB interner Speicher und der mobile Datenturbo 4G-LTE.

Die große Überraschung kommt erst beim Blick auf die Sensorgröße der Kamera: 41 Megapixel. Zum Vergleich: Das neue iPhone 5S bringt es auf 8 Megapixel, Samsungs aktuelles Flaggschiff, das Galaxy S4, auf 13 Megapixel und das auf der IFA vorgestellte Sony Xperia Z1 auf 20,7 Megapixel.

„Oversampling“

Was verspricht sich Nokia also von dieser hochauflösenden Smartphone-Kamera, die auch über eine optische Bildstabilisierung und Xenon-Blitz verfügt? Vereinfacht gesagt wird durch den 41-Megapixel-Sensor ein dreifacher digitaler Zoom fast ohne Qualitätsverlust möglich. Fotografiert man beispielsweise eine Blumenwiese, kann man problemlos einzelne Blumen heranzoomen, ohne größere Abstriche in puncto Schärfe oder Farbe machen zu müssen. Freilich kann das Nokia-Smartphone damit hinsichtlich der Vergrößerung nicht mit dem zehnfachen optischen Zoom eines Galaxy S4 Zoom mithalten, aber dafür besitzt es den typisch kompakten Charakter eines Smartphones.

Man muss dazu wissen, dass das Lumia 1020 keine Fotos in der maximal möglichen Auflösung aufnimmt, da diese für viele Verwendungszwecke viel zu groß wären. Stattdessen schießt man im 16:9-Format ein Bild mit 34 Megapixel und im 4:3-Format mit 38 Megapixel. Diese werden simultan zu einem 5-Megapixel-Foto heruntergerechnet – im Fachjargon nennt sich das „Oversampling“. Die so entstehenden Bilder besitzen deutlich mehr Informationen über Schärfe, Helligkeit und Farbe als vergleichbare 5-Megapixel-Aufnahmen, können aber dank ihrer geringeren Dateigröße (circa 2 Megabyte) einfacher auf sozialen Netzwerken geteilt werden, als die Aufnahmen mit 38 Megapixel, die bis zu 14 Megabyte groß sind.

Die fertigen Fotos überzeugen. Insbesondere bei schlechten Lichtverhältnissen und bei Nacht hebt sich das Lumia 1020 deutlich von anderen Smartphones ab.

Videoaufnahmen in Full HD

Der große Bildsensor des Lumia 1020 macht sich natürlich auch bei Videoaufnahmen bemerkbar. Das Smartphone nimmt Videos mit einer Rate von bis zu 30 Bildern pro Sekunde und einer Auflösung von 1920 x 1080 Pixel (1080p) auf.

Im Videomodus liegt die maximale Zoomrate bei sechs. Man tut allerdings gut daran, diese nicht komplett auszureizen, da das anfangs kaum merkliche Grieseln mit jeder Zoomstufe stärker wird.

Im Gegensatz zu seinen Vorgängern meistert das Lumia 1020 auch schnellere Schwenks mühelos, was letztendlich der optischen Bildstabilisierung zu verdanken ist. So entstehen – auch bei schlechten Lichtverhältnissen – gelungene Videoaufnahmen, die qualitativ kaum Wünsche offen lassen.

Einen professionellen Camcorder kann man zwar auch mit dem Lumia 1020 nicht ersetzen, aber für den Alltagsgebrauch reicht die Videoqualität allemal.

Fotoanwendungen für mehr Kreativität

Der Blick auf die vorinstallierten Apps verrät bereits, dass es sich beim Lumia 1020 um ein Smartphone handelt, bei dem das Thema Fotografie im Mittelpunkt steht.

Bei einer Spiegelreflexkamera bekommt man die besten Ergebnisse dann, wenn man sich nicht auf die Automatik verlässt, sondern möglichst viele Einstellungen manuell vornimmt – die nötige Geduld und vor allem das entsprechende Wissen vorausgesetzt. Beim Nokia Lumia 1020 ist das nicht anders. Mit der „Pro Cam“-App bestimmt der Nutzer die Werte für Weißabgleich, Fokus, ISO-Wert, Belichtungszeit und Blendenzahl selbst. Auf diese Weise können versierte Anwender noch deutlich mehr aus der Smartphone-Kamera herausholen, vor allem da man das Ergebnis schon vorab auf dem Bildschirm des Smartphones sieht.

Wer seiner Kreativität freien Lauf lassen möchte, hat im „Kreativ Studio“ die Wahl zwischen unterschiedlichen Effekten und kann das Foto direkt auf dem Smartphone nachbearbeiten. Die „Smart Cam“ betont Bewegungen oder entfernt störende Objekte und mit der „Cinemagramm“-App lassen sich Aufnahmen sogar animieren.

Ähnliche Programme findet man natürlich für jedes Smartphone in den jeweiligen App Stores. Letztendlich zeichnen sich die oben genannten Programme aber dadurch aus, dass sie von Nokia speziell für die Lumia-Smartphones und deren Kamera entwickelt und optimiert wurden.

Egal, ob für den Schnappschuss zwischendurch oder das aufwendige Nachtpanorama – mit den vorinstallierten Apps ist für jede Situation das Richtige dabei.

Der Digitalkamera ein Stück näher: Camera Grip

Rein äußerlich betrachtet, sieht das Nokia Lumia 1020 – bis auf die auffällige Kamera auf der Rückseite – aus wie jedes Smartphone und liegt auch so in der Hand. Das mag im Alltag praktisch sein, hat beim Fotografieren allerdings auch seine Nachteile: Das Smartphone lässt sich auf kein handelsübliches Stativ montieren, der Akku (2000 mAh) geht vor allem bei längeren Videoaufnahmen schneller leer und auch die Haptik lässt in bestimmten Situationen zu wünschen übrig: es fehlt schlicht ein Griff, mit dem die Handykamera besser in der Hand läge.

Nokias Camera Grib soll genau diese Probleme beheben. Der optional erhältliche Griff für das Lumia 1020 ist eine Art Hülle, allerdings mit der typischen Wölbung und Auslösetaste, die man von Digitalkameras kennt.

Die Wölbung dient dabei nicht nur der besseren Haptik beim Fotografieren, sondern beherbergt auch noch einen zusätzlichen Akku (1020 mAh) und ein Stativgewinde. Mit einem Klick verwandelt man das Lumia 1020 so optisch und funktional zu einer vollwertigen Digitalkamera.

Der Camera Grib ist mit seinen 50 Euro zwar kein Schnäppchen, aber im Falle des Lumia 1020 definitiv ein sinnvolles Accessoire.

Windows Phone - Segen und Fluch

Mit den bereits vorinstallierten Anwendungen kann der Nutzer die 41-Megapixel-Kamera von Anfang an optimal nutzen – quasi „out of the box“. In Kombination mit weiteren Nokia-eigenen Apps, etwa den „Here“ genannten Navigationsdiensten, bietet das finnische Unternehmen dem Käufer einen einfachen Einstieg. Selbst wer zuvor noch nie ein Smartphone besaß, hat keinerlei Probleme sich im System zurechtzufinden.

Microsofts Betriebssystem Windows Phone ist für das Lumia 1020 dabei Segen und Fluch zugleich. Einerseits loben viele Anwender die innovative und vor allem intuitive Live-Tile-Benutzeroberfläche, die die Plattform von iOS und Android abgrenzt. Andererseits macht dem mobilen Betriebssystem der nach wie vor geringe Marktanteil von nur 3,7 Prozent zu schaffen, der Windows Phone für viele Entwickler unattraktiv macht .

So gibt es etwa keine Dropbox-App – obwohl das einer der größten Cloud-Dienstleister ist und seinen Nutzern Apps für fast alle Plattformen anbietet, selbst für Amazons Kindle Fire. Eine eigene App für Windows Phone ist hingegen Fehlanzeige. Auch für beliebte Google-Dienste wie Maps, Mail oder Google Plus existieren nur inoffizielle Anwendungen von Drittanbietern, die mehr oder minder zuverlässig arbeiten.

Damit Windows-Phone-Nutzer zumindest YouTube-Videos ansehen können, entwickelte Microsoft sogar selbst eine entsprechende App – die von Google noch immer blockiert wird. Ähnlich verhält es sich auch mit Microsofts Facebook-Applikation, die zwar funktioniert, aber im Funktionsumfang den von Facebook entwickelten Versionen für iOS und Android weit hinterherhinkt.

Fazit zum Nokia Lumia 1020

Nokias neuestes Smartphone richtet sich in erster Linie an diejenigen, bei denen das Thema Fotografie im Vordergrund steht. Genau in diesem Punkt hebt sich das Lumia 1020 von der Konkurrenz ab: Es macht qualitativ sehr gute Bilder (auch bei schlechten Lichtverhältnissen und nachts), bietet dank der hohen Auflösung einen digitalen Zoom ohne nennenswerte Qualitätseinbußen und behält dabei trotzdem die kompakte Form eines Smartphones bei.

Über die angesprochene App-Problematik stolpern nur diejenigen Nutzer, die etwa auf bestimmte (Google-)Dienste schlichtweg nicht verzichten können, oder sich mit einer behelfsmäßigen Lösung nicht zufriedengeben wollen. Alle anderen finden im Windows Phone Store mit seinen rund 170.000 Anwendungen zu (fast) jedem Thema die passende App.

Zu einem Preis von etwas über 600 Euro für die Variante mit 32 Gigabyte Speicher – die 64-Gigabyte-Variante ist für 679 Euro exklusiv beim Netzbetreiber O2 erhältlich – bekommt der Käufer ein solides Kamera-Smartphone, das im Urlaub durchaus die Digitalkamera im Rucksack ersetzen kann.

Einige mit dem Nokia Lumia 1020 aufgenommene Bilder können Sie hier in voller Auflösung herunterladen.