Zwei große Stromautobahnen sollen Windstrom vom Norden in den Süden liefern. Die Netzbetreiber haben nun erste Vorschläge für den Trassenverlauf der Erdkabel vorgelegt.

Berlin - Die großen Stromnetzbetreiber in Deutschland versichern, dass die neuen Stromautobahnen von Nord nach Süd fast ausnahmslos unter der Erde verlegt werden sollen. „Das kostet mehr, bringt aber auch mehr“, sagte Lex Hartmann, Geschäftsführer des Übertragungsnetzbetreibers Tennet. Damit setzen die Unternehmen den Auftrag des Gesetzgebers zu 100 Prozent um. Lediglich an einzelnen Stellen, an denen sich Kommunen für Überlandleitungen aussprechen, soll davon abgewichen werden. Das ist beispielsweise in der Nähe von Magdeburg der Fall.

 

Da dort bereits viele Freileitungen vorhanden sind, soll auf einem begrenzten Abschnitt eine weitere Überlandleitung hinzugefügt werden. Das sei aber ein Ausnahmefall, sagen die Unternehmen. Die Betreiber haben für die beiden großen Gleichstromprojekte Suedlink und Suedostlink erste Vorschläge für den Trassenverlauf vorgelegt. Die Stromtrasse Suedlink, die vom schleswig-holsteinischen Brunsbüttel über Thüringen ins baden-württembergische Großgartach (Landkreis Heilbronn) führt, ist vor allem für den Südwesten von entscheidender Bedeutung. Daneben wird der Suedostlink geplant, der Bayern mit Windstrom versorgen soll.

Die Betreiber Tennet, Transnet BW und 50 Hertz haben jetzt ihre Vorschläge für die geplanten Trassenkorridore vorgelegt. Die Unternehmen betonen, es sei nichts endgültig entschieden. Die Anträge, die sie bei der Bundesnetzagentur Mitte März einreichen, bestehen aus einem Vorschlag und einer Alternative. Daneben gibt es auf einigen Streckenabschnitte noch zusätzliche Stränge, die ebenfalls untersucht werden. Dabei handelt es sich um eine Art von Nebengleisen, die möglicherweise noch gebraucht werden. Alle Vorschläge werden von der Bundesnetzagentur geprüft. Möglich seien beim jetzigen Stand auch noch Änderungen am vorgeschlagenen Verlauf.

Betreiber sprechen von umfassender Bürgerbeteiligung

In einem breiten Verfahren zur Bürgerbeteiligung nahmen die Planer die Hinweise von Anwohnern und Kommunen auf. „Uns ist es wichtig, einen Korridor zu finden, der Mensch und Natur möglichst wenig belastet“, sagte Tennet-Geschäftsführer Hartmann. Am Beispiel der Suedlink-Trasse machte Transnet-BW-Geschäftsführer Werner Götz deutlich, dass die Unternehmen auf viele Anregungen der Anwohner eingegangen seien: Suedlink besteht aus 127 Trassenelementen – davon seien 28 Teilstücke in der Planung angepasst worden. Bis 2020/21 sollen die Genehmigungsverfahren abgeschlossen sein. Nur unter dieser Voraussetzung kann das Ziel erreicht werden, die neuen Stromautobahnen bis 2025 in Betrieb zu nehmen. Die Stromtrassen sollen vor allem im Süden der Republik einen Ausgleich dafür schaffen, dass die Atomkraftwerke abgschaltet werden.

Transnet-BW-Geschäftsführer Götz zeigte sich zufrieden über die Beteiligung der Bürger, der Gemeinden und der Verbände. Dabei habe es sich um das umfangreichste Verfahren zur Beteiligung der Bürger gehandelt. Allein bei der Suedlink-Trasse seien seit Herbst vergangenen Jahres 36 Bürgerveranstaltungen organisiert worden. Insgesamt seien 7000 Hinweise von Bürgern, Gemeinden und Verbänden eingegangen. „Ich war überrascht über die Qualität der Hinweise“, sagte Götz. 95 Prozent der Hinweise seien nützlich gewesen. Es habe kaum unflätige Beschimpfungen gegeben. Die Betreiber hoffen, dass mit der Entscheidung zur Erdverkabelung die Bürger die Stromautobahnen akzeptieren. Allerdings ist der Preis für die Erdverkabelung hoch: Die Kosten bei Suedlink verteuern sich von ursprünglich rund drei Milliarden Euro auf zehn Milliarden Euro. Dafür bekomme das Land eine Infrastruktur beim Strom, die auf 40 Jahre ausgelegt ist.

Veränderte Planung im Land

Gegenüber den früheren Planungen gab es in Baden-Württemberg vier größere Umplanungen: Die Routen wurden neu festgesetzt, weil die Netzunternehmen in der Region um Tauberbischofsheim auf ein Naturschutzgebiet Rücksicht nehmen mussten. Korrekturen waren auch nötig, weil in Bad-Wimpfen und in Biberach bei Bad Friedrichshall Gewerbegebiete ausgewiesen worden sind. In der Nähe von Neckarsulm wurden ebenfalls leichte Verschiebungen notwendig.

Die Netzbetreiber setzen darauf, dass größere Widerstände gegen die unterirdischen Stromtrassen ausbleiben. Die Erfahrungen mit Erdkabeln seien gut. In Deutschland bestehe bereits ein Stromnetz mit 2000 Kilometern Erdkabeln. Im Umland von Berlin seien nach der Wende viele Vorhaben umgesetzt worden, ohne dass es eine einzige Bürgerinitiative dagegen gegeben habe, sagte der Geschäftsführer Boris Schucht von 50 Hertz. Auch die Einwände der Landwirtschaft gegen Erdkabel wollen die Unternehmen entkräften. Bei der Erdverkabelung gebe es nur einen geringen Energieverlust, sodass die Sorge von der Erwärmung der Felder unbegründet sei, sagen die Betreiber. Gleichwohl rechnen die Unternehmen wegen der breiten öffentlichen Debatte um die Stromautobahnen auch mit Klagen. In einem offenen Verfahren soll auf die Kritik eingegangen werden. Klar ist: Falls es in großem Stil zu juristischen Auseinandersetzungen kommt, kann der Zeitplan nicht gehalten werden.