Mit „Gold Bears“ und „Twin Snakes“ trifft der Bonner Süßwarenhersteller den Geschmack der US-Kunden. Bisher werden die Süßigkeiten noch aus Deutschland und der Türkei importiert. Das soll sich bald ändern.

Kenosha/Bonn - Zwei Tüten Fruchtgummi in den Händen, ein breites Lächeln im Gesicht: Gouverneur Scott Walker hatte sichtlich Freude, die deutsche Süßwaren-Ikone Haribo als Neuzugang im Bundesstaat Wisconsin zu begrüßen. „Wir sind begeistert, dass Haribo - einer der weltweit größten Süßwarenhersteller - seine erste Produktionsstätte in Nordamerika in Pleasant Prairie errichten wird“, verkündete Walker auf einer eigens anberaumten Pressekonferenz.

 

Der Bonner Gummibärchen-Hersteller sorgt dieser Tage für großen Rummel in der US-Provinz. Auch der Lokalzeitung „Kenosha News“ war es die Schlagzeile auf der ersten Seite wert: Haribo kommt. Die erste Fabrik in den USA soll im Landkreis Kenosha County in der Nähe von Chicago entstehen. Auf einem riesigen Grundstück von 40 Hektar und mit einem Kostenaufwand von 242 Millionen Dollar (224 Mio Euro), wie Gouverneur Walker verriet.

Den US-Süßwarenmarkt mischen die Bonner bereits seit 1982 auf, sie haben es aus der Kultnische zur ernsthaften Konkurrenz für die einheimischen Branchenriesen wie Mars, Mondelez oder Hershey gebracht. „Gold Bears“ (Goldbärchen), „Smurfs“ (Fruchtgummischlümpfe) oder „Licorice Wheels“ (Lakritzschnecken) sind in den USA schon lange Bestseller. Speziell für den US-Markt stellt Haribo „Twin Snakes“ her, süßsaure Fruchtgummischlangen, die nirgendwo sonst auf der Welt zu kaufen sind.

Haribo will rund 400 Arbeitsplätze schaffen

„Haribo of America ist das am schnellstens wachsende Süßwarenunternehmen in den USA - daher ist der Schritt, ab 2020 mit einer eigenen Produktion vor Ort zu starten, wichtig für uns“, meint der Geschäftsführende Gesellschafter der Haribo-Gruppe, Guido Riegel. Allerdings war der US-Süßwarenmarkt in den letzten Jahren nicht gerade von Turbo-Wachstum verwöhnt. „Ein verstärktes Gesundheitsbewusstsein der Verbraucher hat die Nachfrage gedämpft“, heißt es in einer Studie des Marktforschungsinstituts IBISWorld.

Für Gouverneur Walker ist es ein großer Erfolg, dass Haribo Wisconsin als „Nordamerika-Hauptquartier ausgesucht“ hat. Die Bonner wollen rund 400 Arbeitsplätze in dem wie kaum eine andere US-Region von deutschen Einwanderern geprägten Bundesstaat schaffen. Um das 1920 gegründete deutsche Unternehmen als Partner zu gewinnen, mussten Walker und seine Leute offenbar einiges an Steueranreizen in die Waagschale werfen. Das Paket, mit dem man Haribo locke, sei noch nicht endgültig geschnürt, deshalb könne er keine Details nennen, sagt Mark Hogan vom Amt für Wirtschaftsförderung in Wisconsin.

Produktion vor Ort bietet sich an

Die Entscheidung der Deutschen passt in eine Zeit, in der US-Präsident Donald Trump die Unternehmen drängt, ihre Produkte für den US-Markt auch dort herzustellen. Doch die Wünsche des neuen Präsidenten dürften kaum der entscheidende Punkt für die Bonner gewesen sein. „Haribo befindet sich bereits seit einigen Jahren auf der Suche nach dem Standort für die erste Produktionsstätte in den USA“, betonte Rick LaBerge, der bei Haribo of America das operative Geschäft leitet. Viele Standorte seien geprüft worden, bevor die Entscheidung für Kenosha County gefallen sei.

Tatsächlich bietet sich schon wegen der begrenzten Haltbarkeit der Süßwaren und der hohen Transportkosten eine Produktion vor Ort an. Im Zuge seiner Internationalisierungsstrategie hat Haribo inzwischen in Europa und neuerdings auch darüber hinaus ein ganzes Netz von Fertigungsanlagen errichtet. Neben den fünf deutschen Fabriken gibt es Produktionsstätten in Frankreich, Spanien, Großbritannien, Österreich, Belgien, Dänemark, Ungarn, in der Türkei und sogar in Brasilien.

Arbeitsplätze in Deutschland sind nach Angaben eine Firmensprechers dadurch nicht gefährdet. Im Gegenteil: Der Süßwarenriese errichtet gerade in Grafschaft bei Bonn seine sechste deutsche Fabrik. „Wir brauchen die Kapazitäten“, heißt es bei Haribo. Auch in den USA hat Haribo offenbar noch viel vor. Der Finanzvorstand von Haribo of America, Wes Saber, betonte jedenfalls: „Wir planen, einen der größten Standorte der Süßwarenindustrie zu bauen“.