Das Geheimnis der deutschen Kombinierer, Österreichs Exportschlager, die nächste Generation der Norweger: Eine WM kann neben der Spur auch interessant sein.

Lahti - Die Nordische Ski-WM in Lahti ist vorbei – zum Abschluss werfen wir noch einmal einen etwas anderen Blick auf die drei Sportarten.

 

Nordische Kombination

Hermann Weinbuch ist in den Tagen von Lahti oft gefragt worden nach dem Erfolgsgeheimnis der deutschen Kombinierer. Der Bundestrainer hat stets geduldig geantwortet, über harte Arbeit, die Schwächen der Konkurrenz und die Vergänglichkeit von Dominanz gesprochen. Am liebsten erzählt aber hat er die Geschichte vom Zipfelbob.

Es begab sich in der Vorbereitung auf die WM im Allgäu, als die Trainer ihren Athleten einen besonderen Abend bescheren wollte. Auf der Wanderung hinauf zur Grüntenhütte (1477 Meter) hoch über Sonthofen machten sie eine interessante Beobachtung. Selbst als der Weg schmal wurde, gingen ihre fünf Sportler nicht etwa hinter-, sondern in einer Reihe nebeneinander. „Sie hatten sich etwas zu erzählen“, stellte Weinbuch zufrieden fest, „bei uns gibt es keine Grüppchenbildung.“ Nicht überliefert ist, wer nach der Hüttengaudi das Rennen mit dem Zipfelbob (ein Plastikteller mit Haltegriff) hinunter ins Tal gewonnen hat. Sicher ist nur, dass auch dieses Ergebnis die Jungs nicht auseinanderdividiert hat. „Unsere größte Stärke“, sagte der Bundestrainer in Finnland, „ist unser Teamgeist. Alle gehen fair und respektvoll miteinander um, gönnen dem jeweils anderen den Erfolg. Selbstverständlich ist das nicht.“ Erst recht nicht, wenn einer alles abräumt.

Johannes Rydzek holte bei der WM in Lahti alle vier Titel, vor allem Eric Frenzel fiel es sicher nicht immer leicht, seinem großen Rivalen und Teamkollegen zu gratulieren. Gesagt hat er das nicht. Sondern: „Wir sind gute Freunde, und das werden wir auch bleiben.“ Schon am nächsten Wochenende geht in Oslo das Duell des Duos um den Sieg im Gesamtweltcup weiter. Zuvor gibt es am Mittwoch einen Empfang für Rydzek in dessen Heimatort Oberstdorf. Sollte Hermann Weinbuch jemand fragen, was ein passendes Geschenk für seinen Superstar wäre, es gäbe nur eine Antwort: ein goldener Zipfelbob.

Skispringen

Die Welt des Skispringens ist nicht allzu groß, und sie hat ihren Nabel in Stams. In dem Ort im Inntal gibt es ein Skigymnasium, das die Medaillenschmiede des österreichischen Sports ist. Und die Schule, in der viele erfolgreiche Skisprungtrainer sich ihr Grundwissen angeeignet haben. Aktuell sind sie ein echter Exportschlager. Wann immer ein Athlet auf einer der beiden Schanzen in Lahti einen weiten Sprung landete, jubelte auf dem Trainer-Turm ein Österreicher: Werner Schuster (Deutschland), Alexander Stöckl (Norwegen), Stefan Horngacher (Polen) und Heinz Kuttin (Österreich) haben bei den Männern in den Einzel- und im Teamwettbewerb alle Medaillen unter sich verteilt, leer gingen lediglich Andreas Mitter (Finnland) und Richard Schallert (Tschechien) aus. „Wir haben“, sagte Horngacher, „sicherlich alle die gleiche Grundidee vom Skispringen.“ Aber Athleten unterschiedlicher Klasse.

In Lahti dominierte Kuttin mit den Österreichern, Stefan Kraft gewann beide Einzelspringen, dazu gab es Silber (Mixed-Team) und Bronze (Männer-Team). Aber auch Schuster durfte zufrieden sein, vor allem mit Andreas Wellinger (Silber in beiden Einzelspringen) und dem Gold im Mixed-Team. An dem auch Kollege Andreas Bauer großen Anteil hatte. Er trainiert die deutschen Frauen um Doppel-Weltmeisterin Carina Vogt, und er ist ausnahmsweise mal kein Österreicher. Sondern gebürtiger Oberstdorfer.

Bei den Männern gibt es aktuell nur eine starke Nation ohne Austria-Coach. Goran Janus betreut die Slowenen seit 2011, erlebte allerdings eine desaströse WM ohne Podiumsplatz. Sollte der slowenische Verband deshalb nun eine Trainer-Alternative benötigen, er müsste nicht lange suchen. „Wir“, sagte der Österreicher Kuttin, „hätten noch ein paar.“ Vor allem in Stams.

Langlauf

Es gibt unter Wintersportlern viele Liebespaare, was sicher auch damit zu tun hat, dass Partner, die wissen, wie viel Aufwand Topleistungen erfordern, mehr Verständnis für längere Abwesenheiten aufbringen. Neben Xenia, der Tochter des Biathlon-Traumduos Darja Domratschewa und Ole Einar Björndalen, dürften Marius, dem 15 Monate alten Sohn von Marit Björgen und Fred Börre Lundberg, die besten Anlagen mit in die Wiege gelegt worden sein. Seine Mutter gewann bei ihrem ersten Großereignis nach der Geburt derart souverän vier Goldmedaillen (sie steht jetzt bei 18 WM-Titeln), dass es aussah, als hätten Gegnerinnen komplett verwachst. Dagegen verblassten sogar die Leistungen ihrer norwegischen Teamkolleginnen Maiken Caspersen Falla (3x Gold) und Heidi Weng (2x Gold, 1x Silber).

Dazu kommt, dass Papa Fred Börre Lundberg immerhin Doppel-Olympiasieger (1994 und 1998) sowie dreimaliger Weltmeister in der Kombination ist. Über welche Ausdauer Marius jetzt schon verfügt, bekamen am Samstag auch die Journalisten in Lahti zu spüren, als der Kleine mal kurz das Pressezentrum aufmischte. So viel lässt sich jedenfalls jetzt schon sagen: Die Zukunft der dominierenden Langlauf-Nation Norwegen ist gesichert. Wobei: So richtig dominant waren in Lahti eigentlich nur die Frauen.

Die norwegischen Männer um ihren Star Martin Johnsrud Sundby holten lediglich in der Staffel Gold, ansonsten war immer ein anderer besser. Im 50-km-Rennen am Sonntag der Kanadier Alex Harvey, ansonsten meist Sergej Ustjugow. Der Russe gewann als einziger WM-Athlet fünf Medaillen (2x Gold, 3x Silber), und trotzdem taugt er nicht zum Star des nordischen Skisports – weil er stets betont, sein Antrieb seien die ungerechtfertigten (vorläufigen) Dopingsperren von sechs russischen Kollegen. Auch Ustjugow könnte sich übrigens irgendwann um den Nachwuchs verdient machen: Er ist mit Langläuferin Jelena Sobolewa liiert.