Talkshows, die sich mit Nordkorea befassen, haben ein Problem: Es gibt zu wenige Experten zu dem Thema. Wichtiger scheint da der Quoten-Promi, in diesem Fall Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel. Der Sieg geht trotzdem klar an die ARD.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Stuttgart - Im deutschen Sprachraum ist die Zahl der ernst zu nehmenden Koreaexperten überschaubar. Gleichzeitig scheint es eine hehre Regel des Talkshowbusiness zu sein, dass der Moderator mindestens fünf Gesprächspartner um sich herum drapiert. Was also tun, wenn es am Donnerstagabend um Nordkorea gehen soll? Sowohl Maybrit Illner („Die neue Achse des Bösen“) als auch Reinhold Beckmann („Nordkorea hält die Welt in Atem“) luden fünf Gäste ein – auch wenn jeweils gerade ein Gesprächspartner überdurchschnittliches Fachwissen zu bieten hatte.

 

Der in Wien lehrende und forschende Ostasienwissenschaftler Rüdiger Frank verbreitete seine lohnenden Einsichten in der ARD, sein Berliner Kollege Werner Pfennig die nicht minder von Sachverstand gestützten Analysen im ZDF. Unentschieden, sozusagen. Der Gesamtsieg geht allerdings klar ans Erste. Und das obwohl die deutsch-koreanische Dokumentarfilmerin Sung-Hyong Cho dort Dirk Niebel als ersten sympathischen FDP-Politiker identifizierte, was der Entwicklungshilfeminister mit dem Hinweis konterte, dass er noch mehrere davon kenne, die er gerne vorzustellen bereit sei.

Niebel ist das Promigesicht

Niebel hatte die Rolle des Promigesichts auszufüllen. Rüdiger Frank wie Sung-Hyong Cho bieten für eine breite Fernsehöffentlichkeit nur einen begrenzten Wiedererkennungswert, was auch für die beiden weiteren Mitstreiter gilt. Stefan Kornelius, Auslandschef bei der „Süddeutschen Zeitung“ und der Entwicklungshelfer Dirk Reber. Alle zusammen haben sie allerdings den unschlagbaren Vorteil, sich mit der Materie beschäftigt zu haben, über die sie reden.

Das führt dazu, dass dem Fernsehzuschauer sogar etwas geboten wird fürs Gebührengeld, zum Beispiel die spannende Auseinandersetzung mit der Frage, ob die USA mit den Nordkoreanern nicht endlich einen Friedensvertrag schließen solle. Ja, sagt Frank, Nein sagt Kornelius.

Scholl-Latour sinniert und einer sagt gar nichts mehr

Anders als die ARD hat Maybrit Illner weitgehend auf den Promifaktor gesetzt. Neben dem nur einem kleineren Kreis bekannten Experten sitzt zwar noch der ebenfalls selten auf der Mattscheibe in Erscheinung tretende Wenzel Michalski für die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Dann allerdings feiert das Hirn der Zuschauer Erfolge bei der Wiedererkennung bekannter Gesichter. Willkommen, Gabriele Krone-Schmalz, Peter Scholl-Latour und Claus Kleber.

Dumm nur: das Thema der Sendung, die neue Achse des Bösen bietet für die TV-Alphatiere allenfalls eine Einstiegshilfe. Von Illner weitgehend unbehelligt erzählt ein jeder viel lieber, wozu er gerade so lustig ist. Die ehemalige Russland-Korrespondentin Krone-Schmalz erklärt das Denken Putins, der Heute-Anchorman Kleber das Ticken der ganzen Welt.

Der Experte schweigt

Es ist ein fröhlich-fahriges Herumspringen; über Pakistan nach Libyen, von Saudi-Arabien nach Syrien – mit Abstechern in Washington und Tel Aviv. Und weil der weit gereiste Peter Scholl-Latour stets mit dem Ehrgeiz ausgestattet ist, in einem Satz mindestens 18 verschiedene Gedanken unterzubringen, und dabei den Blick auf wirklich alle Länder zu lenken, die er einmal besucht hat, kommen ganz nebenbei noch Algerien und Vietnam ins Spiel.

Der Einzige in der Runde, der in den letzten 20 Minuten überhaupt nichts mehr sagt ist Werner Pfennig. Wir erinnern uns: das ist der Mann, der wirklich über Nordkorea Bescheid weiß.