Wegen des Gaslecks schlagen Umweltschützer Alarm, der Ölkonzern bezeichnet die Lage als stabil. Wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Aberdeen - Aus der undichten Förderplattform Elgin in der Nordsee nördlich von Schottland tritt nach wie vor unkontrolliert Gas aus. Der Betreiber der Bohrinsel, der französische Konzern Total, beschreibt die Situation als „ernst, aber stabil“. Umweltschutzorganisationen sehen erhebliche Gefahren für Meer und Luft.

 

Was genau ist passiert?

Am Sonntagmittag tritt an der 240 Kilometer östlich von Aberdeen gelegenen Elgin-Wellhead-Plattform in einem der Bohrlöcher ein Leck auf. Alle 238 Mitarbeiter werden in Sicherheit gebracht. Auch von zwei benachbarten Bohrinseln werden Arbeiter abgezogen. Bis jetzt ist offenbar nicht klar, was genau passiert ist. Immerhin gelingt es am Mittwochabend, das Leck zu lokalisieren. Es liegt laut Total 4000 Meter unter dem Meeresgrund , an einer vor einem Jahr außer Betrieb genommenen Gasbohrung. Klar ist auch, dass weiterhin Gas ausströmt, bis jetzt angeblich 20 Tonnen.

Was tritt aus?

Der verantwortliche Konzern Total spricht von einem Gaskondensat, das in flüssiger Form gefördert werde. Laut der Umweltorganisation Greenpeace, die sich ebenfalls auf Total bezieht, handelt es sich um eine Mischung aus den Kohlenwasserstoffen Methan, Propan und Butan. Hinzu komme giftiger Schwefelwasserstoff, das „Faule-Eier-Gas“. In der dürren offiziellen Pressemitteilung von Total war allerdings zunächst nur von einem „Gasaustritt“ die Rede. Weiterhin berichtet der Konzern, dass auf dem Wasser ein schillernder Film liege. Dabei handele es sich um Bohrschlamm und/oder um leichte Kohlenwasserstoffe, die im Gas enthalten seien.

Wie groß ist die Explosionsgefahr?

Das Gaskondensat sei, so Total, entzündlich und potenziell auch explosiv. Offenbar wurde zunächst die Gefahr einer Explosion für so hoch eingeschätzt, dass die Küstenwache eine Sperrzone von zwei Meilen für Schiffe und von drei Meilen für Flugzeuge eingerichtet hat. Total selbst hält die Explosionsgefahr für „gering“, kann sie aber auch nicht ausschließen. Immerhin brennt noch immer eine offene Flamme an Bord der Plattform, mit der Gas abgefackelt wird. Das ausströmende Gas werde derzeit aber zusammen mit dem Kondensatteppich von der Flamme weggetrieben, so Total. Das bleibe wegen der vorherrschenden Westwindrichtung auch in den kommenden Tagen so. Umweltschützer halten die Fackel jedoch für besonders gefährlich. Laut der Ölarbeitergewerkschaft RMT besteht das Risiko einer „katastrophalen Verwüstung“.

Was wird getan?

Inzwischen sei das Überwachungsschiff Highland Fortress in Stellung gebracht worden, heißt es bei Total. Das Schiff verfüge auch über ein ferngesteuertes Mini-U-Boot, mit dem Unterwasseraufnahmen gemacht werden können. Diese Technik sei aber bisher nicht zum Einsatz gekommen.

Wie geht es weiter?

Zunächst sollte die Flamme gelöscht werden, meinen Bohrexperten. Derzeit würden Pläne dazu entwickelt, heißt es bei Total. Doch dies könnte womöglich gar nicht so einfach sein: Sonst hätten das die Mitarbeiter getan, als sie die Plattform verlassen haben. Total betont allerdings, dies sei absichtlich geschehen. Zunächst sprach der Konzern von „Monaten“, die benötigt würden, um das Leck zu stopfen – zum Beispiel mit Hilfe von Entlastungsbohrungen. Zwar ist das Wasser an der Leckstelle nur etwa 100 Meter tief, die angebohrte Gaslagerstätte befindet sich jedoch in annähernd sechs Kilometer Tiefe. Prinzipiell ist auch eine Schlamminjektion möglich, ein sogenannter Kill.

Wie groß ist die Umweltgefahr?

Die ökologischen Folgen eines Gasaustritts sind geringer als bei einer Verschmutzung mit Erdöl. Auch kann sich das Gaskondensat leicht verflüchtigen. Bedrohlicher ist wohl die für die meisten Lebewesen hochgiftige Wirkung des Schwefelwasserstoffs – die Umweltstiftung WWF spricht gar von möglichen „Todeszonen“. Hinzu kommt, dass Methan ein stark klimawirksames Gas ist. Für das 240 Kilometer entfernte Festland besteht wohl keine Gefahr.

Gab es bereits ein ähnliches Unglück?

Laut WWF explodierte 1988 bei einem ähnlichen Gasaustritt vor der schottischen Küste die Plattform Piper Alpha, dabei verloren 167 Menschen ihr Leben.