Im Universum hat am Freitagabend die Punkband NoRMAhl für ordentlich Stimmung gesorgt. Für die Band war das Konzert in Stuttgart schon fast ein Heimspiel.

Stuttgart - Tun wir einfach einmal so, als wäre wieder `78. Am Freitagabend im Universum fällt das nicht schwer. NoRMAhl, Urgesteine der deutschen Punk-Szene, feiern ihr Bandjubiläum, sind unterwegs schon seit einem Jahr und geben nun endlich auch ein Konzert ganz in der Nähe ihrer alten Heimat Winnenden. Dort begannen sie vor ca. 41 Jahren laute, gut gelaunte und provokante Musik zu spielen.

 

NoRMAhl hatten Einfluss auf die deutsche Punk-Szene, vergaßen über den Spaß niemals die Politik, wetterten gegen Rechts, handelten sich Ärger ein mit Staatsanwälten, gingen schließlich 1996 auseinander. Im neuen Jahrtausend erschienen sie wieder auf der Bildfläche, fanden mit Vergnügen dorthin zurück. Am Freitagabend bereiten sich Lars Besa, Mick Scheuerle, Christian Polzer und Scobo Skobowsky hinter der Bühne im Universum auf ihre Show vor. Sie gehen mittlerweile alle auf die 60 zu, leben längst auf ganz Baden-Württemberg verteilt; Sänger Lars Besa zog sogar nach Heidenheim. Er gurgelt mit Mundwasser, grinst übers ganze Gesicht und sagt: „Heute läuft das alles fast noch besser als damals.“ Und die Show beginnt.

Um 22 Uhr betritt NoRMAhl die Bühne

Kupferwerk Gold aus Duisburg, nicht minder hart und wild, haben vorgeheizt, als NoRMAhl gegen 22 Uhr auf die Bühne kommen. Punks der alten Schule, Punks einer neuen Generation sind da, stolpern und springen durch den randvollen Club, eine Rollstuhlfahrerin tanzt rasenden Pogo im Sitzen, und Lars Besa hebt den Finger, erzählt etwas von weissen Mäusen und frühen Stuttgarter Nächten. Eine Gitarre springt an mit bohrendem zerrenden Stakkato und gleich setzt das Schlagzeug ein, rumpelt der Bass, und das Universum scheint zu wackeln.

Müde sind NoRMAhl noch lange nicht – aber ein paar Stücke führen sie doch im Repertoire, die von Vergangenheit erzählen. Ennio Morricone schrieb die Melodie, Joan Baez sang sie, und die Punker haben die hart rockende Coverversion, den deutschen Text, der vom Justizmord an den amerikanischen Anarchisten Sacco und Vanzetti handelt. Und NoRMAhl spielen tatsächlich auch ein Lied von Hannes Wader: „Es ist an der Zeit“, so heißt es. Davor, danach: die eigenen Nummern, meist schnell und kräftig; wütende Absagen an die manche Formen der Exekutive („Er war ein stadtbekannter Schläger, heute ist er Polizist“) und an den Nationalismus.

„Solange es in Sachsen 30 Prozent AfD-Wähler gibt spielen wir diese Nummer, weil sie es verdient hat“, ruft Lars Besa. „Keine Überdosis Deutschland“ heißt das Stück. Besas Stimme schneidet, die Gitarre schreit. NoRMAhl sind auf der Bühne bis nach Mitternacht. Das Universum hüllt sich in eine Wolke aus Bierdunst und echtem Schweiß. So war Punk, die Erinnerungen kehren wieder.